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Die Verwaltungskosten decken nie den Aufwand

12.01.1996

Fahrgastverband kritisiert den "Ossi-Nachweis"
An den Schaltern von BVG und S-Bahn sollen Berliner aus dem Ostteil der Stadt künftig eine gelbe Karte vorzeigen. Sonst könnte es schwierig werden, zum preiswerteren Ost-(B)-Tarif zu fahren. Mit Matthias Horth vom Fahrgastverband sprach Marina Richter.

Berliner Zeitung: Ist die Regelung mit der gelben Karte überhaupt notwendig?

Matthias Horth: Den niedrigeren Tarif muß es geben, schließlich verdienen viele Berliner im Ostteil noch weniger als diejenigen im Westen. Aber deshalb einen extra Nachweis über den Wohnort zu verlangen, halte ich für total übertrieben. Damit ziehen BVG und S-Bahn einen langen bürokratischen Schweif hinter sich her, der überflüssig ist. Allein die dadurch verursachten Verwaltungskosten sind extrem hoch und decken nie den Aufwand.

Liegt nicht der Verdacht nahe, die BVG will mit solchen Übungen ihre Mitarbeiter beschäftigen? Zudem fällt ab Oktober die Preisstaffelung weg, dann zahlen alle gleichviel. Warum der Aufwand?

Das ist ja das Lächerliche, das keiner so recht verstehen kann. Mit besserem Service oder einem kundenfreundlichen Anspruch von BVG und S-Bahn hat das unserer Meinung nach nichts mehr zu tun. Jetzt für die gerade noch acht Monate gültigen verbilligten Fahrkarten diesen unsinnigen Zirkus zu veranstalten, ist Humbug. Bisher ging es auch mit einer einheitlichen Karte und der speziellen Marke, an die sich die Kunden gewöhnt haben.

Regen sich nicht viele Berliner BVG-Kunden zu Recht darüber auf, daß von ihnen ein genauer Nachweis über ihre "Ossi-Herkunft" verlangt wird?

Völlig zu Recht. Für sie bringt es zusätzliche Wege und Wartezeiten mit sich. Außerdem fühlen sich manche in die Ecke eines Bittstellers gedrängt. Und diese Rolle muß man einfach ablehnen. Es müßte doch reichen, daß ein Fahrgast wie bisher mit irgendeinem Dokument belegen kann, er wohnt im Ostteil. Eine Alternative bleibt aber: Wenn am Schalter die gelbe Karte hingehalten werden soll - die Fahrkarten-Automaten verkaufen problemlos ohne.

Autor/Agentur: Marina Richter
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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