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Berliner sehen Nachteile durch Metrolinien

02.05.2005

Emnid-Umfrage: 63 Prozent kritisieren neues BVG-Konzept - Jeder Zweite würde für Sicherheit zehn Cent höheren Ticketpreis zahlen
Die Kritik an dem Mitte Dezember eingeführten Metrolinienkonzept der Berliner Verkehrsbetriebe reißt nicht ab. In einer vom Meinungsforschungsinstitut Emnid im Auftrag der Berliner Morgenpost Ende Januar durchgeführten Umfrage äußert sich die Mehrheit der 750 Befragten negativ.

63 Prozent der Interviewten meinen, daß die veränderten Linienführungen den Nutzern von Bussen und Straßenbahnen eher Nachteile als Vorteile bringen. Bei den 454 Befragten Vielnutzern der BVG sind es sogar 66 Prozent. Nur jeder Fünfte meint, durch die neuen Metrolinien eher Vorteile zu haben.

Die Hälfte der Interviewten wäre bereit, zusätzlich zum Fahrpreis 10 Cent zu entrichten, wenn dadurch erreicht würde, daß das Sicherheitspersonal auf U- und S-Bahnhöfen nicht weiter abgebaut wird. Dabei gab es kaum Unterschiede unter den befragten Altersklassen: Bei den unter 29jährigen wollten 51 Prozent mehr zahlen, bei den über 50jährigen 55 Prozent.

Die für den August geplante Fahrpreiserhöhung bei der BVG wäre für 61 Prozent der Befragten ein Grund, dann häufiger oder ganz auf die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin zu verzichten, bei den 30- bis 49jährigen sogar 66 Prozent.

Die BVG hatte das neue Metrolinien-Konzept zum Start des Winterfahrplans am 12. Dezember vergangenen Jahres eingeführt. Eine umfassende Kundenbefragung, die ergab, daß die Kunden vor allem schnelle Verbindungen wünschen. Neun Tramlinien und 15 Buslinien wurden deshalb zu "Metrolinien". Sie sollen das bestehende S- und U-Bahn-Netz mit schnelleren und im Takt verdichteten Linien zu ergänzen.

Die Proteste ließen nicht lange auf sich warten. Bei einer Ausstellung des Fahrgastverbandes Igeb, die über die Neuerungen informierte, beschwerten sich viele vor allem über Einsparungen im Ergänzungsnetz, also abseits der Metrolinien, wie Matthias Horth, stellvertretender Vorsitzender des Igeb, berichtet. "Viele ältere Menschen können ihre Einkaufsmöglichkeiten im Kiez nicht mehr oder nur noch mit umsteigen erreichen", gibt er ein Beispiel. Und auch einige Metrolinien halten nicht, was das Konzept verspricht. "In einigen Außenästen, die sich gabeln, wird nur im 20-Minuten-Takt gefahren", erläutert Horth, der "über das Ausmaß des Grolls unter den Fahrgästen" wie es die Umfrage zeigt, "erstaunt" ist. "Vieles ist eingetreten, was wir befürchtet haben", sagt Horth. Der Igeb habe die wichtigsten Kritikpunkte der Fahrgäste gesammelt und ein 35-Punkte-Papier an die BVG weitergeleitet.

"Von dort kommt nur: "Wir prüfen'. Zwei kleine Alibi-Veränderungen sind ja inzwischen angekündigt", sagt Horth. Stellt jedoch klar, daß der Igeb die Idee der Metrolinien im Prinzip gut findet. "Unsere Kritik richtet sich gegen die Einsparungen im Ergänzungsnetz, da gibt es gravierende Dinge nachzubessern", sagt er und appelliert an eine bessere Verkehrspolitik des Senates: "Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist Auftraggeber der BVG. Sie steht in der Verantwortung."

Autor/Agentur: Andrea Puppe
Quelle: Die Welt
Medium: Tageszeitung
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