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Die Berliner S-Bahn rollt der Geschichte hinterher

07.02.2018

Auch 28 Jahre nach dem Mauerfall sind viele Verbindungen der Berliner S-Bahn noch immer nur eingleisig.
Berlin. Auch gut 28 Jahre nach dem Mauerfall weist der öffentliche Nahverkehr in der Stadt noch immer viele schmerzliche Risse und teilungsbedingte Engpässe auf. Zu diesem Ergebnis ist der Berliner Fahrgastverband Igeb in einer Analyse gekommen. "Es zeigt sich wieder einmal: Es ist viel leichter etwas zu zerstören, als es dann wieder aufzubauen", sagte der Igeb-Vorsitzende Christfried Tschepe am Dienstag.

Der Interessenverband forderte den Berliner Senat, aber auch die brandenburgische Landesregierung und die Bahn zu größeren Anstrengungen auf, um bestehende Lücken im Netz zu schließen und das Nahverkehrsangebot insgesamt zu verbessern. Vor allem die Eingleisigkeit auf vielen S-Bahnstrecken würde die Entwicklung der Hauptstadtregion behindern.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren in Berlin und Brandenburg auf fast 50 Kilometer Länge Schienen demontiert und als Reparationen in die Sowjetunion abtransportiert worden. So kann die S-Bahn bis heute zwischen Wannsee und Potsdam (Linie S7), Schönholz und Tegel (S25), Frohnau und Hohen Neuendorf (S1), Lichtenrade und Blankenfelde oder Berlin-Buch und Bernau (S2) nur auf einem Gleis fahren. Hinzu kommen Strecken wie die "Friedhofsbahn" von Wannsee nach Stahnsdorf sowie die Verbindungen nach Falkensee, Velten oder Rangsdorf, die in Folge des Mauerbaus eingestellt wurden.

Die Igeb forderte Berlin und Brandenburg auf, sich gemeinsam mit dem Bund dafür einzusetzen, dass alle eingleisigen Abschnitte der S-Bahn "kurz- und mittelfristig" zweigleisig ausgebaut werden. Sie sollten zudem signaltechnisch so ausgerüstet werden, dass eine dichte Zugfolge möglich ist. "Es geht uns nicht darum, dass dann gleich überall die S-Bahn im Zehn-Minuten-Takt fährt. Aber die Probleme nach dem Lollapalooza-Festival in Hoppegarten haben gezeigt, dass es technisch möglich sein muss", sagte Igeb-Sprecher Jens Wieseke. Beim Musikfestival im September 2017 war es nach Konzertende zu teils chaotischen Zuständen auf und vor dem Bahnhof gekommen, weil die vielen Besucher durch die S-Bahn nicht rasch genug abtransportiert werden konnten. Die Zweigleisigkeit sei auch notwendig, damit die Züge pünktlicher und zuverlässiger fahren.

Igeb-Chef Tschepe begrüßte die jüngste Vereinbarung "i2030" der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg mit der Deutschen Bahn, den Ausbau des Schienennetzes in der Region gemeinsam zu planen. "Ganz oben steht für uns dabei die Wiederaufnahme des S-Bahnverkehrs nach Velten", sagte Tschepe. Die S-Bahn sollte aber auch wieder von Spandau nach Falkensee im Havelland fahren. Für den Regionalverkehr sei der Wiederaufbau der Stammbahn (zwischen Berlin und Potsdam) und der historischen Strecke der "Heidkrautbahn" von Basdorf nach Wilhelmsruh notwendig, so Tschepe.

Autor/Agentur: Thomas Fülling
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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