Außerdem fahren Schulkinder aus sozial schwachen Familien, die Anspruch auf einen Berlinpass haben, künftig komplett umsonst (bisher 15 Euro im Monat beziehungsweise zwölf Euro im Abo). "Wir hoffen, dass viele Familien dieses Angebot annehmen", sagte Günther. Das Ziel sei, durch Preisvergünstigungen mehr Menschen zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu bewegen und so den Autoverkehr auf den Straßen zu reduzieren.
Die neue Regelung gilt allerdings nur für Familien mit maximal drei Kindern, wobei nur solche mit einem oder zwei Kindern Geld sparen, während der Preis für Familien mit drei Kindern höchstens minimal sinkt. Damit Familien mit vier oder mehr Kindern nicht draufzahlen, bekommen sie einen zusätzlichen Rabatt. Die Zahl dieser Familien ohne Berlinpass liegt laut BVG aber nur bei einem Prozent. Insgesamt, so Günther, würden 90 Prozent aller Berliner Familien von der Änderung profitieren.
Sieben Millionen Euro pro Jahr zahlt das Land für die Vergünstigung an die Verkehrsunternehmen. Neben der Einführung neuer Tarife will Günther auch den Kauf des Schülertickets "entbürokratisieren". Bislang müssen Familien mit mehr als einem Kind für die Geschwisterkarte jedes Jahr nachweisen, dass das älteste Kind noch Schüler ist, was nur im Kundenzentrum möglich ist. "Das ist zum Schulbeginn eine Katastrophe für alle Schüler", sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Auch das komplizierte System mit den Wertabschnitten fällt weg. Künftig lässt sich das Schülerticket am Automaten lösen. Bei Kontrollen müssen Schüler dann zusätzlich ihren Schülerausweis vorzeigen. Ob der Kauf auch per App möglich sein wird, ist derzeit noch offen.
Fahrgastverband: "Völlig richtige Entscheidung"
Für ihren Vorstoß bekommt die Senatorin Zustimmung von allen Seiten. "Dieses Vorhaben ist sehr in Ordnung, wir unterstützen das", sagt der verkehrspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion, Oliver Friederici. "Jungen Menschen öffentliche Verkehrsmittel schmackhaft zu machen ist sinnvoll, damit sie auch als Erwachsene damit fahren", sagte er. Auch der Berliner Fahrgastverband Igeb sprach von einer "völlig richtigen Entscheidung".
Bus und Bahn für bestimmte Bevölkerungsgruppen erschwinglicher zu gestalten, ist ein zentrales Anliegen des rot-rot-grünen Senats. Bereits letzten Sommer wurde der Preis des Sozialtickets von 36 auf 27,50 Euro gesenkt. Noch unklar ist, ob die Tarife im kommenden Jahr insgesamt stabil bleiben oder doch wieder steigen. 2018 hatte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) wegen der geringen Inflationsrate keine Erhöhung vorgenommen, nachdem die Preise in den Jahren davor um durchschnittlich 1,84 Prozent beziehungsweise 0,56 Prozent gestiegen waren. Die kürzlich gegründete AG Tarife, in der Vertreter von Landesregierung, VBB, Igeb und die Verkehrsunternehmen vertreten sind, ist hier noch in der Abstimmung. Diskutiert werde dort aktuell auch über eine Vergünstigung für Azubis, sagte Günther.
Die Opposition fordert noch mehr. Laut CDU sollte es möglich sein, mit einem Einzelfahrschein nicht nur in eine, sondern in zwei Richtungen zu fahren. Die FDP wünscht sich, dass es zwischen der Kurzstrecke und dem Normaltarif eine weitere Preiskategorie gibt, damit Fahrten mittlerer Distanz günstiger werden. VBB-Chefin Susanne Henckel hatte zuletzt auch angeregt, Fahrscheine nach Reisezeit abzurechnen.