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Mehdorn will Zentralen Busbahnhof nach Mitte verlegen

14.07.2005

Fahrgastverband: Ausschlaggebend ist die Vermarktung von Läden
Erst der Bahnhof Zoo und jetzt auch noch der Zentrale Omnibusbahnhof Berlin (ZOB): Die Bahn möchte den ZOB vom Funkturm zum Hauptbahnhof umsiedeln. Bahnchef Hartmut Mehdorn soll diesen Wunsch kürzlich im Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geäußert haben. "Die Bahn hat schon öfter eine Verlagerung gefordert", bestätigte Manuela Damianakis, Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD); die Senatsverwaltung sei jedoch dagegen. Der ZOB benötige einen direkten Autobahnanschluß wie in Charlottenburg.

Die Bahn hielt sich bedeckt. "Zu Beratungen zwischen Herrn Mehdorn und Herrn Wowereit äußern wir uns grundsätzlich nicht", sagte Bahnsprecher Norbert Giersdorff.

Der Fahrgastverband Igeb untermauerte indes seine Kritik an den Planungen zum Bahnhof Zoo und forderte, daß auch der ZOB bleiben müsse. "Nicht die Zeitersparnis ist das Hauptmotiv der Bahn, am Zoo keine Fernzüge mehr halten zu lassen, sondern die Auslastung der vielen Läden und Restaurants im künftigen Hauptbahnhof. Ein Zughalt im gut erreichbaren Bahnhof Zoo würde Reisende und damit potentielle Käufer vom schlecht erreichbaren Hauptbahnhof abziehen. Die Bahn ist jedoch dringend auf maximale Mieterlöse in dem extrem teuer gewordenen Hauptbahnhof angewiesen", so Igeb-Vorsitzender Christfried Tschepe. Aus demselben Grund wolle Mehdorn nun den ZOB verlegen: "Nicht, weil es Umsteiger zwischen Fernbussen und Fernzügen gibt, sondern um Kunden in die neuen Läden zu bekommen." Das Kerngeschäft "Beförderung von Reisenden" werde der Vermarktung von Ladenflächen untergeordnet.

2,7 Millionen Fahrgäste und Besucher werden nach Angaben der BVG pro Jahr auf dem ZOB (Tel.: 30 10 01 75) an der Masurenallee 4-6 gezählt. Es gibt rund 60 000 An- und Abfahrten von Linienbussen, die Städte europaweit verbinden, als auch Gelegenheitsverkehr in Erholungsgebiete. Harald Möller vom Busunternehmen Bayern Express & P. Kühn Berlin gibt zu bedenken, daß der ZOB bei den Fahrgästen gut etabliert ist. Gerd Bretschneider, Geschäftsführer der Fuhrgewerbe-Innung, hält die Diskussion für verfrüht. Schließlich sei noch gar nicht klar, wo solch ein Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof überhaupt entstehen könnte. Eine zweite zentrale Anlaufstelle für Linien- und Reisebusse innerhalb Berlins ist aus seiner Sicht aber überlegenswert.

Monika Thiemen (SPD) hingegen, Bürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, ist aus verkehrspolitischer Sicht strikt gegen eine Verlagerung: "Jetzt haben die Busse die Autobahn direkt vor der Tür und kurze Wege innerhalb Berlins. Da diese Infrastruktur am Lehrter Bahnhof fehlt, würde es zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen und zu verstopften Straßen kommen - ganz abgesehen von den längeren Wegen für die Kunden."

Autor/Agentur: Brigitte Schmiemann
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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