[ Zurück ]

Kontrollen in Fahrverbotszonen

18.10.2018

Berlin hofft auf die blaue Plakette
Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) hat ihre Forderung nach einer blauen Plakette für Dieselfahrzeuge bekräftigt. „Der Schlüssel zu einer umfassenden Lösung liegt weiterhin beim Bund“, sagte sie am Donnerstag im Abgeordnetenhaus, das über die Fahrverbote für Diesel-Pkw diskutierte. In der vorigen Woche hatte das Verwaltungsgericht über die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Berlin entschieden. Demnach muss der Senat bis März einen neuen Luftreinhalteplan erstellen und an elf Straßenabschnitten Fahrverbote verhängen.

Ohne blaue Plakette keine effektive Kontrolle

Günther wertete das Urteil als relativen Erfolg. „Der Senat konnte vermeiden, wozu andere Städte verpflichtet worden sind: die großflächige Einführung von Fahrverboten bis Euro 5“, sagte sie. Sie ließ auch erkennen , dass der Senat das Urteil voraussichtlich nicht anfechten wird – wie es die Opposition gefordert hatte. „Diesel-Fahrverbote sind die letzte Option“, sagte Günther. „Aber jetzt ist es an der Zeit, davon Gebrauch zu machen.“ Ohne blaue Plakette seien effektive Kontrollen aber nicht möglich.

Die Koalition beschloss, eine Initiative zur Einführung der Plakette in den Bundesrat einzubringen. Offenbar setzt der Senat darauf, den Zorn insbesondere von Gewerbetreibenden durch relativ großzügige Ausnahmeregelungen im Zaum zu halten. In der Senatssitzung am nächsten Dienstag soll Günther eine erste Bewertung des Urteils abgeben und die kommenden Maßnahmen skizzieren.

Fahrverbote in Stuttgart ab Januar

Das Verwaltungsgericht erlaubt dem Land in seinem Urteil ausdrücklich, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Diese könnten etwa Taxis und Firmenwagen bekommen. Die – grün regierte – Stadt Stuttgart, wo ab Januar Fahrverbote wirksam werden, hat dazu großzügige Regelungen erlassen, die Vorbild für Berlin sein könnten. So sind Handwerker per Allgemeinverfügung ausgenommen, sie müssen also keine individuellen Genehmigungen beantragen.

Auch Pflegedienste, Krankenwagen und Lebensmitteltransporte haben freie Fahrt – und sogar Schichtarbeiter, die ihre Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichen können. Berlin wird zumindest während einer Übergangszeit auf ähnliche Regelungen kaum verzichten können. Zum einen, weil selbst der Behördenfuhrpark überaltert ist und saubere Alternativen – insbesondere Elektrofahrzeuge – nicht im ausreichenden Maß zur Verfügung stehen.

Rekordjahr für die BVG?

Aber auch Umsteiger haben kein leichtes Leben. Die BVG rechnet für dieses Jahr mit einem Rekordwert bei den Fahrgastzahlen, wie Vorstandschefin Sigrid Evelyn Nikutta der Berliner Zeitung mitteilte. Allerdings führt diese Entwicklung auch dazu, dass viele Waggons und Busse überfüllt sind. „Auf immer mehr Strecken ist die Kapazität erschöpft, dort könnten die Fahrgastzahlen kaum noch steigen“, sagte Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB.

Volkswagen – einer der Hauptverursacher des Diesel-Skandals – gelobte unterdessen, den Erwerb neuer Fahrzeuge ein wenig zu erleichtern. Bis zu 10.000 Euro sollen Besitzer alter Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro 1 bis 4 erhalten, wenn sie sich ein neues Auto von einer der Konzernmarken kaufen. Den Höchstbetrag erhalten sie aber nur, wenn sie auch ein besonders großes und teures Modell wählen. Branchenexperten glauben allerdings nicht, dass die Maßnahme größere Wirkung entfaltet, weil dafür andere Rabatte gestrichen werden dürften. Ohnehin wird in Deutschland nur ein Drittel der Neuwagen an Privatkunden verkauft.

Autor/Agentur: Frederik Bombosch Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
[ Zurück ]