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Kritik an Plänen für Bahnhof Zoo

10.05.2005

Überlegungen, dort keine Fernzüge mehr halten zu lassen, rufen bei Berlinern Verärgerung hervor
Die gestern bekanntgewordenen Überlegungen der Deutschen Bahn AG, nach der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofes Lehrter Bahnhof keine Fernzüge mehr am Bahnhof Zoo halten zu lassen, sorgen für Unmut in der City West. "Wir dachten uns schon, daß es so kommt", sagt Doreen Krüger, Shop-Managerin von The Body Shop im S-Bahnhof Zoo etwas resigniert. Die Filialleiterin ist überzeugt, daß die Entscheidung einen Kundenverlust für die Geschäfte im und um den Bahnhof Zoo nach sich ziehen wird. Das befürchtet auch Marina Wachsmuth, Leiterin der Arko-Franchisefiliale im Bahnhof Zoo. "Im Lehrter Bahnhof wird eine viel größere Einkaufsmeile entstehen, als wir sie hier haben." Stammkunden gebe es in Bahnhofshops ohnehin nicht.

Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, hält die Pläne der Bahn für "schädlich" für die gesamte City West. "In Hamburg halten die Züge auch am Hauptbahnhof und am fußläufig entfernten Dammtor", sagt er. "Warum soll das nicht auch in Berlin funktionieren?" Kurt Lehrke, Vorstandvorsitzender der AG City, spricht von "einer Katastrophe". Da werde an den Bedürfnissen der Bürger vorbei überlegt. "Daß die Bahn die Nord-Süd-Verbindung nicht über Zoo führt, ist klar, aber warum die Ost-West-Trasse nicht am Zoo haltmachen soll, ist nicht nachvollziehbar", sagt er.

"Viele unserer Gäste und Kunden kommen am Bahnhof Zoo an - schon weil die Berliner Flughafensituation so problematisch ist", sagt Willy Weiland, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin. Daß sich etwas mit der Eröffnung des Lehrter Bahnhofes zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 verändern werde, sei klar gewesen. "Aber deshalb muß man ja nicht den Zoo komplett vom Fernverkehr abschneiden", meint Weiland.

"Die haben ja nicht umsonst Milliarden in den Lehrter Bahnhof investiert", sagt dagegen Karl Wader, ein Passant am Bahnhof. Der 75jährige nimmt die Entscheidung der Bahn gelassen hin. Ähnlich wie der Sprecher der IHK, Holger Lunau: "Es wäre unwirtschaftlich, das neue Drehkreuz nicht auszulasten", sagt er. "Man kann nicht alles haben: einen neuen, zentralen Bahnhof und überall Haltepunkte." Ob es massive Kaufkraftverluste in der City West geben wird, müsse abgewartet werden.

Fakt ist, daß sich die Fahrzeiten für Viele verlängern werden. Der Fahrgastverband Igeb rechnet mit 20 bis 30 Minuten mehr Zeitaufwand. "Die Überlegungen der Bahn stellen den Grundzug des Eisenbahn-Pilzkonzeptes, aus allen Stadtteilen eine gute Fernbahnanbindung zu haben, in Frage", kritisiert Matthias Horth vom Igeb. Wichtige Verbindungen nach Westen, etwa über Hannover ins Ruhrgebiet und nach Köln, würden weiter über die Stadtbahn geführt. Die Pläne der Bahn seien aus Fahrgast-Sicht "völlig daneben".

Autor/Agentur: von Regina Köhler und Andrea Puppe
Quelle: Die Welt
Medium: Tageszeitung
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