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Einzigartig in Europa: Berlins Nacht-U-Bahnen

13.06.2003

Vom 20. Juni an rollen sieben Linien freitags, sonnabends und vor Feiertagen im 15-Minuten-Takt durch die Nacht
Wenn es um den ausgeweiteten U-Bahn-Nachtverkehr am Wochenende geht, kommt der neue BVG-Vertriebschef Tom Reinhold ins Schwärmen. "Berlin ist meines Wissens die einzige Metropole Europas, die so etwas anbietet", sagte der promovierte Verkehrsplaner bei der Vorstellung des neuen BVG-Sommerfahrplans.

In der Tat fahren weder in Paris, London, Rom oder Moskau die U-Bahnen nachts durch, auch Wien, Madrid und Brüssel bieten keinen derartigen Service. Lediglich in New York City rattern die Züge auch während der Woche durchgehend, in der US-Ostküsten-Metropole Chicago fahren nach Angaben des Internationalen Verbandes für Öffentliches Verkehrswesen (UITP) nachts zwei Linien.

In Berlin fahren vom 20. Juni an freitags, sonnabends und vor Feiertagen die U 15 (Warschauer Straße-Uhlandstraße), U 5 (Hönow--Alexanderplatz), U 6 (Alt-Tegel--Alt-Mariendorf), U 8 (Wittenau-Hermannstraße) und U 9 (Osloer Straße-Rathaus Steglitz) durch.

Auf der Linie U 2 wird unter Hinweis auf die geringen Fahrgastzahlen lediglich der Abschnitt zwischen Pankow und Theodor-Heuss-Platz bedient, bis zur Endhaltestelle Ruhleben fährt der Nachtbus N 4. Ähnliches gilt für die U 7, die lediglich von Rudow bis Jakob-Kaiser-Platz fährt, zum Rathaus Spandau geht es im N 23 und N 33 weiter. Ausgeschlossen vom erweiterten Nachtverkehr sind die kurze U 4 (Innsbrucker Platz-Nollendorfplatz) und die U 1 zwischen Krumme Lanke und Wittenbergplatz. Umgestellt auf den Nachttakt wird gegen .30 Uhr, bis 5 Uhr morgens verkehren die Züge dann in viertelstündigem Abstand.

Die meisten der bislang entlang der U-Bahnstrecken verkehrenden Nachtbusse - sie fahren nach 2.30 Uhr und außerhalb der Kernstrecke häufig nur im Halbstunden-Takt - werden im Gegenzug am Wochenende gestrichen.

"Natürlich erhoffen wir uns durch das erweiterte Nachtangebot eine Zunahme der Fahrgastzahlen", sagt Vertriebsleiter Tom Reinhold. Prognosen will man bei der BVG aber nicht abgeben, im Laufe eines Jahres soll die Akzeptanz unter den Fahrgästen jedoch einer Überprüfung unterzogen werden. Durch das neue Angebot würden lediglich "ganz geringfügige Mehrkosten" entstehen, verriet Vertriebsmann Reinhold. Eigentlich hatte die Senatsverkehrsverwaltung als Genehmigungsbehörde strikte "Kostenneutralität" gefordert und zunächst die U 7 vom Nachtverkehr ausschließen wollen.

Beim Berliner Fahrgastverband Igeb ist man mit dem erweiterten Nachtangebot zufrieden. "Das haben wir seit Jahren gefordert", sagte der für den Stadtverkehr zuständige Abteilungsleiter Artur Frenzel. Er bemängelt jedoch, dass die U-Bahn-Züge sonntags von 5 bis 8 Uhr nur alle 20 Minuten fahren sollen. Das führe zu langen Wartezeiten beim Umsteigen, etwa für Schichtarbeiter. Frenzel: "Wir werden deshalb bei der BVG Nachbesserungen fordern."

Übrigens wird auch die S-Bahn ihr bestehendes Nachtverkehrsangebot an Wochenenden verbessern. So soll der bisherige 30-Minuten-Takt auf der Stadtbahn zwischen Zoo und Lichtenberg auf einen 15-minütigen Abstand verdichtet werden. Auch auf dem Süd- und Ostring sind Züge künftig jede Viertelstunde unterwegs.

Autor/Agentur: Guido Hartmann
Quelle: Die Welt
Medium: Tageszeitung
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