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Weiter laufen, häufiger umsteigen - BVG kürzt und streicht Buslinien

09.06.2004

ADAC und Fahrgastverband warnen: Weniger Service für Fahrgäste
Im Sommer wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ihr künftiges Bus- und Straßenbahnliniennetz vorstellen. Womit die Fahrgäste rechnen müssen, zeigt sich beispielhaft an den vorgesehenen Veränderungen in Tempelhof und Kreuzberg. Denn Planungen, die jetzt bekannt geworden sind, belegen: Zwar gibt es Verbesserungen, doch zugleich droht vielen seit langem bestehenden Direktverbindungen und lokalen "Kiezlinien" die Streichung. Folge für zahlreiche Fahrgäste: Sie müssen weiter zur nächsten Haltestelle laufen und öfter umsteigen.

Eberhard Waldau, im Vorstand des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs Berlin-Brandenburg für den Verkehr zuständig, fährt nicht nur Auto, sondern auch Bus - zum Beispiel mit dem 119er vom Flughafen Tempelhof zum Wittenbergplatz. "Ich habe keine Lust auf Parkplatzsuche", so der Tempelhofer. Doch die Direktverbindung ist in Gefahr - was Waldau ärgert. Vom 12. Dezember an soll die Route am U-Bahnhof Mehringdamm enden, wo er dann in die U 6 umsteigen müsste. "Endgültig entschieden ist das noch nicht. Aber die gegenwärtige Planungsvariante sieht so aus", sagte Tom Reinhold, Direktor des BVG-Zentralbereichs Angebot und Vertrieb. Die Linie 119 wird in eine Metrobuslinie umgewandelt, die Kreuzberg mit der City West verbinden soll. Metrobusse sind das künftige Premiumangebot der BVG: Busrouten ohne Umweg, Fahrten alle fünf oder zehn Minuten. Doch diese Verbesserungen müssen sich auch beim neuen M 19 rechnen - und das sei nur der Fall, wenn die Linie verkürzt wird. Denn der Teil zwischen dem U-Bahnhof Mehringdamm und Flughafen Tempelhof mit seinen drei Haltestellen sei schlecht ausgelastet, sagte Reinhold. Auch fährt dort die U-Bahn. Der Senat verlange, den Parallelverkehr zwischen Bus und Bahn abzubauen.

"Gegen Sparen haben wir nichts. Doch das muss mit Augenmaß geschehen", entgegnete Matthias Horth vom Fahrgastverband IGEB. Das Beispiel Tempelhof/Kreuzberg lasse vermuten, dass die BVG mit ihrer Angebotsoptimierung auch in anderen Teilen Berlins "deutlich über das Ziel hinausschießt" - und Verschlechterungen lokal gehäuft auftreten.

Denn das Unternehmen erwäge außer der Verkürzung der Linie 119 auch die Streichung der Linie 341 vom Flughafen Tempelhof zur Turmstraße, einer gewundenen "Kiezlinie". Zudem soll die Linie 140 am Adolf-Scheidt-Platz enden. Alternativ war eine Fahrplanausdünnung erwogen worden: Außerhalb der Hauptverkehrszeit sollte nur alle 40 Minuten ein Bus fahren. Positiv findet Horth, dass das Konzept "BVG 2005 plus" zügige Busverbindungen zwischen den Bezirken vorsieht. Negativ sei, dass viele lokale und Direktrouten wegfallen. Vielen Kunden bringe dies Unannehmlichkeiten.

"Busse, die nur warme Luft befördern, können wir uns nicht mehr leisten", so die BVG. Darum fährt der Bus 334 im Spandauer Ortsteil Gatow vom 24. Juni an fast nur noch auf Anforderung. Bislang gab es "Rufbusse" in Berlin nur nachts. Anlass: Der 334er ist lediglich zu 2,2 Prozent ausgelastet - meist bewegt sich die Fahrgastzahl zwischen null und zwei.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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