[ Zurück ]

Wo fahren sie denn?

08.03.2007

Grünen-Abgeordnete bezeichnen Hauptbahnhof als "Servicewüste"
Willkommen im modernsten Bahnhof der Welt - so begrüßt die Deutsche Bahn (DB) auf Plakaten ihre Fahrgäste im neuen Berliner Hauptbahnhof. Doch die Stadtpläne, die den Weg in die Stadt weisen sollen, sind von anno dazumal. Sie stammen aus einer längst vergangenen Fahrplanperiode, als gerade mal zwei Buslinien über die Invalidenstraße führten. "Auf dem gesamten Bahnhof gibt es keinerlei brauchbare Informationen über das Busnetz", ärgert sich der Grünen-Abgeordnete Thomas Birk. "Dabei sorgen inzwischen nicht weniger als neun Buslinien für Anschluss." Er und seine Fraktionskollegin Claudia Hämmerling zeigten gestern, was im und vor dem Hauptbahnhof im Argen liegt. Die Politiker forderten, die "Servicewüste" zu beseitigen.

Wer die Bushaltestellen auf dem Europaplatz schließlich aufgespürt hat, bekommt es erst mal mit Radfahrern zu tun - deren Piste verläuft auf dem Gehweg. Reisende in Richtung Moabit müssen außerdem die Invalidenstraße überqueren. Doch weil Fußgänger für jede der beiden Fahrbahnen einzeln grünes Ampellicht anfordern müssen, gelingt das nie in einem Rutsch. "Schließlich lassen die Planer die Fahrgäste im Regen stehen, weil in den winzigen Wartehäuschen nur wenige Menschen Platz finden", so die Grünen.

"Auch für uns Anwohner ist der Bahnhof nicht gut zu erreichen", bekräftigt Susanne Torka vom Betroffenenrat Lehrter Straße. "An der Ampel vor der Ausfahrt des Tiergartentunnels haben Fußgänger nur acht Sekunden grünes, aber dafür dann 70 Sekunden rotes Licht."

Das Parkhaus ist für die Grünen "eine Fehlkonstruktion, weil es niemand findet und die Ausfahrt in den Tiergartentunnel in einer unübersichtlichen Kurve mündet". Sie bemängeln auch das Fehlen einer Fahrradstation, in der Zweiräder sicher und überdacht geparkt werden können. Schließlich bekräftigen sie die Kritik, die der Fahrgastverband IGEB mehrmals geäußert hat - ohne dass sich etwas besserte: Auf den Anzeigetafeln im Bahnhof finden Regionalzugfahrgäste nicht die vertrauten Linienbezeichnungen wie RE 1 oder RB 14, sondern nur die fünfstelligen Zugnummern. Fazit: "Orientierung schwer gemacht". Die Grünen fordern also Hinweise auf das Busliniennetz, aktuelle Stadtpläne, die teilweise Umwidmung des Parkhauses zu einer Fahrradstation sowie fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen.

Doch ganz so einfach ist das alles nicht. "Unsere Ampelschaltungen sind ein komplexes System, bei dem wir die Interessen der Autofahrer und Fußgänger in Einklang bringen müssen", sagte Manuela Damianakis, die Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). "Trotzdem werden wir uns die Situation am Bahnhof nochmals anschauen." Die beengten Wartehäuschen seien Provisorien, die langfristig durch geräumigere Einrichtungen ersetzt werden, so die BVG. Bei den Stadtplänen will die Deutsche Bahn (DB) schon früher handeln: "Wenn sie tatsächlich veraltet sind, werden sie ausgetauscht. Ein Hinweis beim Service Point würde da schon reichen", sagte DB-Sprecher Holger Auferkamp.

Übrigens: Wem die oberirdische Querung der Invalidenstraße zu lange dauert, sollte lieber den dortigen Tunnel nutzen. Der Zugang zur künftigen U-Bahn-Linie 55 mündet ins erste Bahnhofs-Untergeschoss.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
[ Zurück ]