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Kontrolleure wieder rabiater

19.05.2004

Fahrgastverband registriert Zunahme von Beschwerden über BVG
Der Protest der BVG-Kunden im letzten Sommer hat offenbar nicht lange Wirkung gezeigt: Beim Fahrgastverband Igeb und der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) beschweren sich seit einigen Wochen wieder deutlich mehr Fahrgäste über rabiate Kontrolleure. Nach der Beschwerde-Welle vor einem Jahr hatte es im Herbst einen spürbaren Rückgang gegeben. "Jetzt verzeichnen wir wieder eine sprunghafte Zunahme von Beschwerden über ungebührliches Verhalten von Kontrolleuren", sagt Igeb-Vorstand Matthias Horth.

Auch bei der BTM gingen seit Beginn der Reisesaison wieder mehr Beschwerden über "unfreundliches und pampiges Verhalten" der Kontrolleure ein, so Sprecherin Natascha Kompatzki. Betroffen seien Touristen aus dem In- und Ausland, was für das Reiseziel Berlin "eindeutig imageschädigend" sei.

Bemängelt wird laut Igeb vor allem das rüde Verhalten der Kontrolleure, wenn es gegen echte oder vermeintliche Schwarzfahrer geht. So häuften sich Beschwerden, wonach die zumeist für Fremdfirmen tätigen Männer und Frauen den Fahrgästen regelrecht "auflauern", um sie bei einem Vergehen zu ertappen. "Manche Kontrolleure in Zivil warten am Automaten und schauen dann, ob das Ticket auch richtig entwertet wird", so Horth. Auch in der Straßenbahn werden die Kunden offenbar häufig bereits kontrolliert, bevor sie den einzigen Automaten im Zug erreicht haben.

Nachdem im Sommer 2003 massive Beschwerden über "abzockende" Kontrolleure, insbesondere gegenüber Touristen, bekannt geworden waren, hatte BVG-Chef Andreas Graf von Arnim im Oktober einen Verbesserungskatalog vorgestellt. Danach dürfen die etwa 200 BVG-eigenen und 320 durch Fremdfirmen gestellten Kontrolleure nur noch im Fahrzeug oder unmittelbar beim Aussteigen tätig werden. Zudem wurden die Kontrolleure angewiesen, in "glaubhaften Einzelfällen" Kulanz zu zeigen. Die BVG stockte die Zahl ihrer "Kontrolleure der Kontrolleure" - sie sollen den Kollegen diskret auf die Finger schauen - von 15 auf 80 auf. Schuld am häufig harschen Vorgehen des BVG-fremden Kontrollpersonals ist laut Igeb jedoch insbesondere das Prämiensystem der in der "Arbeitsgemeinschaft BVG" zusammengefassten Firmen.

Bei der BVG registriert man offiziell lediglich einen leichten Anstieg der Beschwerden. "Wahrscheinlich ist hierfür auch die gestiegene Zahl der Kontrollen mit verantwortlich", sagt Unternehmenssprecherin Petra Reetz. So habe es im ersten Quartal 2003 rund 1,6 Millionen Fahrschein-Kontrollen gegeben, von Januar bis April dieses Jahres waren es 2,6 Millionen. "Trotzdem ist jede Beschwerde eine zuviel", betont die BVG-Sprecherin. Es werde deshalb geprüft, den Fremdfirmen Bußgelder aufzuerlegen, wenn sich deren Mitarbeiter rabiat verhielten. Dass das Unternehmen auch gegen eigene Mitarbeiter durchgreift, zeigt die fristlose Entlassung eines Kundenmitarbeiters Anfang des Monats; der Mann hatte am 25. April am Hardenbergplatz einen Fahrgast ins Gesicht geschlagen.

Der Igeb will die häufigen Beschwerden dennoch in den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses einbringen.

Dass es auch anders gehe, zeige sich bei der Berliner S-Bahn. Auf ihrem Streckennetz gebe es zehnmal weniger Beschwerden als bei der BVG.

Autor/Agentur: Guido Hartmann
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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