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BVG streikt - doch Fahrgäste werden geschont

13.02.2008

Vorstand fordert Verdi zu Verhandlungen auf. Neues Angebot soll es aber "definitiv" nicht geben
Seit gestern ist es offiziell. Zwar werden die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) heute von 5 bis 15 Uhr bestreikt - aber Busse und Bahnen sollen nach Plan verkehren. "Es ist nicht unsere Absicht, den Fahrgast zu treffen", sagte Frank Bäsler, der die Gewerkschaft Verdi in dem Streit um höhere Löhne vertritt. Stattdessen legen rund 5 000 Mitarbeiter der Haupt- und Betriebswerkstätten sowie der Verwaltung die Arbeit nieder. BVG-Vorstandschef Andreas Sturmowski forderte Verdi auf, so bald wie möglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ein neues Angebot werde es zwar "definitiv" nicht geben. Doch er präzisierte die bisherige Offerte: Für die Altbeschäftigten wäre ein Inflationsausgleich "finanzierbar", sagte Sturmowski der Berliner Zeitung.

Für einige wenige Berliner dürfte der Verdi-Beschluss, den Fahrdienst von diesem Ausstand auszunehmen, eine Enttäuschung sein. Der Polizist, der Finanzamtsangestellte und manche andere, die sich beim ersten BVG-Warnstreik bei ihrem Arbeitgeber krankmeldeten und als Schwarztaxi-Fahrer viel Geld verdienten, müssen nun auf diese Einnahmequelle verzichten. Dagegen fand der Fahrgastverband IGEB lobende Worte für die Gewerkschaft. "Das ist eine vernünftige Überlegung. Sie zeigt, dass Verdi aus der Kritik an dem ersten, mit 39 Stunden viel zu langen Warnstreik Anfang Februar gelernt hat", sagte der Vorsitzende Christfried Tschepe. "Trotzdem bleibt die Frage, warum die Gewerkschaft nicht mindestens die nächste Verhandlungsrunde am Montag abgewartet hat. Sie sollte sich erst einmal mit den Arbeitgebern an einen Tisch setzen - wenn das nichts bringt, kann man immer noch über Aktionen nachdenken."

Auch der Kommunale Arbeitgeberverband Berlin (KAV) zeigte wenig Verständnis für die Verdi-Taktik, noch vor dem nächsten Treffen erneut zu einer Arbeitsniederlegung aufzurufen. "Verdi ist bislang nicht mit uns in Verhandlungen über unser neues Angebot eingetreten. Nun sollten endlich mal Argumente ausgetauscht und nicht die Arbeit niedergelegt werden", sagte die KAV-Geschäftsführerin Claudia Pfeiffer.

Anfangs hatten die Arbeitgeber nur den Neubeschäftigten bei der BVG und deren Tochterunternehmen Berlin Transport (BT) eine Lohnerhöhung angeboten - sechs Prozent. Die mehr als 1 000 Mitarbeiter, die erst seit kurzer Zeit angestellt sind, werden relativ schlecht bezahlt. So bekommt ein Busfahrer inklusive Zulagen im Schnitt rund 1 900 Euro brutto im Monat. Am Freitag faxte der KAV Verdi ein Schreiben, wonach der Arbeitgeber bereit sei, auch den Altbeschäftigten "reale Lohnzuwächse" zu gewähren. Sie stellen das Gros der mehr als 12 000 Mitarbeiter der BVG und BT. Die Erhöhung soll zum Teil mit dem Sicherungsbetrag verrechnet werden, den jeder Altbeschäftigte als Ausgleich für die Lohnsenkung 2005 bekommt.

Doch das wiederum lehnt Verdi ab, weil dieser Zuschlag laut Tarifvertrag "unantastbar" sei. "Wir erwarten, dass die Arbeitgeberseite am Montag mit einem verhandlungsfähigen Angebot und konkreten Vorstellungen kommt. Wenn sie auch diese Chance ungenutzt verstreichen lässt, droht das Scheitern der Verhandlungen", warnte Bäsler.

Dann sei es möglich, dass Verdi die Mitglieder zügig zu einer Urabstimmung aufruft - über einen unbefristeten Erzwingungsstreik. Obwohl Verdi davon ausgeht, dass heute alle Busse und Bahnen wie gewohnt fahren, schädige der Streik das Landesunternehmen. "Schon jetzt stauen sich in den Werkstätten die Bahnen und Busse, die gewartet und repariert werden müssen. Darum ist vermehrt damit zu rechnen, dass Fahrten wegen Fahrzeugmangels ausfallen", sagte Bäsler.

Sturmowski schätzt die direkten Folgen als gering ein. Er sieht stattdessen die Gefahr, dass das Image der BVG als zuverlässiges Unternehmen erneut Schaden leidet.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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