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Warnstreik light im Berliner Nahverkehr Berlin

12.02.2008

Bei der BVG soll heute mehr als ein Drittel der Beschäftigten die Arbeit niederlegen, dazu fordert die Gewerkschaft Ver.di auf. Doch von dem Warnstreik sind nur Verwaltung und Werkstätten betroffen. Und auch vom bundesweiten Ver.di-Streik im öffentlichen Dienst sollen die Berliner noch verschont bleiben.
Beim neuen BVG-Warnstreik soll mehr als jeder dritte Beschäftigte die Arbeit niederlegen. Das kündigte Ver.di-Verhandlungsführer Frank Bäsler an. Die Gewerkschaft will die Hauptverwaltung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in Schöneberg und alle Betriebs- und Hauptwerkstätten mit ihren insgesamt rund 5000 Mitarbeitern von 5.00 bis 15.00 Uhr lahmlegen.

Das große Chaos für Reisende und Pendler wird damit ausbleiben. "Fahrgäste sollen so wenig wie möglich betroffen sein", sagte Bäsler. "Aber die Bereiche, die wir jetzt bestreiken, kosten der BVG richtig Geld." Verwaltungen und Werkstätten der BVG sollen bestreikt werden sowie das Fundbüro und auch die Kasse für das Einzahlen erhöhter Beförderungsgelder an der Grunewaldstraße in Schöneberg. Der Fahrgastverbands IGEB erwartet, dass Fahrten ausfallen werden. Wer dringende Termine habe, solle das in seinen Planungen mitberücksichtigen, Christfried Tschepe von der IGEB.

Die BVG rechnet dagegen nur in Sonderfällen mit Beeinträchtigungen. Der Ausfall der Werkstätten dürfte sich im regulären Betrieb für die Fahrgäste nicht bemerkbar, teilte die BVG mit. Nur wenn ausgefallene Fahrzeug nicht schnell ersetzt würden, könnten einzelne Fahrten ausfallen. Auch das Callcenter der BVG (Tel. 19449) bleibt erreichbar.

Ver.di will die heutigen Aktionen – von Beobachtern bereits als "Warnstreik light“ bezeichnet – auch dafür nutzen, um bei den Berlinern für Verständnis zu werben. Dazu werden heute in der gesamten Stadt rund 200.000 Flugblätter verteilt. Grund dafür ist die große Verärgerung vieler Fahrgäste, die zu Monatsbeginn faktisch ohne Vorwarnung von einem 39-stündigen Warnstreik überrascht wurden. "Sie als Kunden des Berliner Nahverkehrs sind nicht das Ziel unseres Arbeitskampfes, aber leider meist die ersten Betroffenen. Wir Arbeitnehmer haben jedoch kein anderes wirksames Mittel, um unseren berechtigten Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber sowie dem Eigentümer, dem Land Berlin, Nachdruck zu verleihen“, heißt es daher auf dem Flugblatt.

Anfang Februar waren bei einem 39-stündigen Warnstreik alle Trams, U-Bahnen und fast alle Busse in den Depots geblieben. Der öffentliche Verkehr in der Hauptstadt kam in weiten Teilen nahezu zum Erliegen. Kritisiert wurde vor allem, dass der Warnstreik so kurzfristig angesetzt wurde, dass sich viele Fahrgäste nicht darauf einstellen konnten.

Ver.di droht mit Abruch der Verhandlungen

Mit dem Streik will die Gewerkschaft ihren Forderungen im Tarifkonflikt mit der BVG Nachdruck verleihen. Ver.di fordert für alle BVG-Mitarbeiter zwölf Prozent mehr Geld, mindestens aber 250 Euro monatlich. Der Kommunale Arbeitgeberverband Berlin (KAV) hatte zuletzt angeboten, stufenweise bis 2010 sechs Prozent mehr Lohn zu zahlen.

Streitpunkt ist zudem eine Regelung für sogenannte Altbeschäftigte, die nach KAV-Angaben im Schnitt 600 Euro mehr verdienen als ihre neuen Kollegen, für die vor zwei Jahren ein neuer Tarifvertrag ausgehandelt wurde. Die Altbeschäftigten bekommen einen sogenannten Sicherungsbetrag, der die Differenz zum damals abgesenkten Tariflohn ausgleichen soll. Der KAV will bei ihnen eine Gehaltserhöhung auf den Sicherungsbetrag anrechnen, Ver.di lehnt das ab.

Das nächste Gespräch mit der Arbeitgeberseite steht kommenden Montag an. Gerade deshalb stößt der jüngste Streiktermin auf Kritik des Fahrgastverbands IGEB. "Es ist für uns völlig unverständlich, warum die so kurz vor weiteren Verhandlungen noch einmal streiken“, sagte Tschepe. Doch es könnte noch dicker kommen. Ver.di-Verhandlungsführer Bäsler drohte mit dem Abbruch der Verhandlungen und einer Urabstimmung über einen unbefristeten Streik, sollte die Arbeitgeberseite bis Montag kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.

Unterdessen kündigte die Gewerkschaft Ver.di auch Warnstreiks im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen an, nachdem die dritte Tarifrunde am Dienstag in Potsdam ergebnislos vertagt wurde. Die Gewerkschaft der Polizei, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie der Beamtenbund machten bereits deutlich, dass sie sich den Aktionen anschließen werden.

Nach Worten des Berliner Ver.di- Sprechers Andreas Splanemann sind aber zumindest in dieser Woche bei den Ämtern und Betrieben des Landes Berlin keine Ausstände zu befürchten. Weil Berlin nicht Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder sei, seien Warnstreiks ohnehin nur bei landeseigenen Unternehmen wie der Berliner Stadtreinigung (BSR) oder Teilen des Klinikkonzerns Vivantes zu erwarten. Derzeit gebe aber noch keine Planungen.

Autor/Agentur: dpa/apä/fü/sh
Quelle: Die Welt
Medium: Tageszeitung
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