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BVG-Tarifstreit endet in der Sackgasse

19.02.2008

Gewerkschaft erklärt Verhandlungen für gescheitert - Urabstimmung folgt - Kunden müssen sich wieder auf Streiks einstellen
Nichts geht mehr zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der BVG. Nach einer dreistündigen Verhandlungsrunde am Vormittag gingen gestern beide Seiten ohne Ergebnis auseinander. Nach einer Sitzung der Tarifkommission am Nachmittag erklärte die Gewerkschaft Ver.di die Verhandlungen offiziell für gescheitert und machte damit den Weg frei zu einer Urabstimmung vom 25. bis 28. Februar über einen unbefristeten Streik. Sollten sich mehr als 75 Prozent der etwa 7500 Ver.di-Mitglieder im Unternehmen für einen Arbeitskampf aussprechen, könnte es bereits am 29. Februar zu Aktionen kommen. Ob bereits gleich zu Beginn des Arbeitskampfes der Fahrbetrieb betroffen ist oder - wie beim jüngsten Warnstreik - nur die Werkstätten und Teil der Verwaltung, ließ Ver.di-Verhandlungsführer Frank Bäsler noch offen. Er betonte aber: "Wir stellen uns auf eine lange Tarifauseinandersetzung ein - die Luft dafür haben wir."

"Schwere Belastung für die Kunden"

Für die Fahrgäste bedeutet das: Wie bereits bei dem 39-stündigen Warnstreik zu Monatsbeginn müssen sie sich bei einem unbefristeten Arbeitskampf auf weitreichende Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr vorbereiten. Zwar kündigte die Berliner S-Bahn bereits an, dass sie ihr Angebot durch längere Züge und kürzere Taktzeiten erhöhen werde, um die Streikfolgen abzumildern, doch sind viele Teile der Stadt ohne Bus, Straßenbahn oder U-Bahn nur schwer zu erreichen.

Christfried Tschepe, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Igeb, sprach in einer ersten Reaktion auf das Scheitern der Tarifverhandlungen von einer "schweren Belastung" für die Kunden der BVG. "Im Sinne der Fahrgäste hätten wir erwartet, dass beide Seiten alles tun, um eine Lösung zu finden." Jetzt sei die BVG gefordert, um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten. Fahrgäste sollten frühzeitig darüber informiert werden, welche von Privatunternehmen betriebenen Buslinien trotz Streik noch fahren, forderte Tschepe. Zudem sollten das Land und die Verkehrsbetriebe versuchen, zumindest in den mit S- und Regionalbahn schlecht erschlossenen Außenbereichen ein "Mindestangebot" mit Bussen anderer Verkehrsunternehmen zu organisieren.

Die Senatsverkehrsverwaltung wollte sich gestern noch nicht zu konkreten Plänen für möglichen Ersatzverkehr äußern. Klar sei lediglich, dass das Land im Streikfall erneut Busverkehr zum Flughafen Tegel bei der Bahntochter BEX bestellen werde, sagte Sprecherin Petra Rohland.

"Das ist eine sehr unbefriedigenden Situation", sagte der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler. "Nach den jüngsten Äußerungen der Arbeitgeberseite gab es durchaus eine Gesprächsgrundlage, um in intensivere Verhandlungen einzutreten." Beide Seiten sollten möglichst schnell nach konstruktiven Lösungen suchen und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Für die Grünen liegt die Verantwortung für die verfahrene Situation im Tarifstreit klar beim Senat. Durch den Abschluss des Tarifvertrages von 2005, der weitgehende Beschäftigungsgarantien für die BVG-Mitarbeiter bis 2020 enthalte, ohne zugleich die Löhne und Gehälter für den gleichen Zeitraum festzuschreiben, habe die rot-rote Koalition die jetzige Lage zu verantworten, sagte Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin im Abgeordnetenhaus. Damit habe der Senat sich selbst und den Fahrgästen "einen Bärendienst erwiesen". Fraktionschef Volker Ratzmann sieht den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in der Pflicht. Er müsse nun "garantieren, dass etwaige Lohn- und Gehaltszuwächse nicht zu Fahrpreiserhöhungen führen, die über dem Inflationsausgleich liegen." Mehrkosten müssten "im Unternehmen aufgefangen werden".

Autor/Agentur: Markus Falkner und Thomas Fülling
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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