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Jahrelange Planung für die U-Bahn-Linie 5 war umsonst

23.12.1996

Strecke soll Unter den Linden nun im Schildvortrieb entstehen / Dadurch wird das Projekt teurer und komplizierter
Mehr als drei Jahre Arbeit stecken in der Planung für die Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof. Doch ein Großteil der Mühen war umsonst. Unter den Linden soll die U 5 nicht mehr teilweise in Baugruben, sondern komplett im Schildvortrieb entstehen. Dafür sind Neuplanungen nötig - und die Strecke wird teurer.

Für zehn Millionen Mark wird die Straße Unter den Linden bis 1999 zu einem Hauptstadt-Boulevard aufgewertet - so beschloß es der Senatsausschuß Berlin 2000. Für die U 5-Verlängerung soll die Flaniermeile nicht wieder aufgerissen werden. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) setzte sich mit der Forderung durch, die Linie maulwurfsgleich im Schildvortrieb zu bauen.

Bei Experten löste der Beschluß vom August Stirnrunzeln aus. "Er wirft die bisherigen Planungen über den Haufen", fürchtet einer von ihnen. Seit 1993 läuft die Projektierung, die für den Abschnitt Pariser Platz-Charlottenstraße offene Bauweise vorsieht. Nun sollen Gutachter bis Februar feststellen, ob die bereits öffentlich ausgelegten Pläne weiterverwandt werden können. Verkehrs-Staatssekretär Ingo Schmitt (CDU) ist skeptisch: "Im Detail muß wohl neu begonnen werden." Die Machbarkeitsstudie soll zudem klären, wie hoch die Mehrkosten ausfallen. "Der Schildvortrieb beim Bau der U 8 unter der Karl-Bonhoeffer-Klinik kostete im Vergleich zur offenen Bauweise fast das Doppelte", sagt Matthias Horth vom Fahrgastverband IGEB.

Ernst Rühe von der Senatsbauverwaltung betont, daß die Tunnel beim Schildvortrieb relativ tief liegen müßten, damit die Erdschicht darüber stabil bleibt. Der An- und Abtransport von Materialien sei komplizierter - und damit kostspieliger. Ein Schildvortrieb Unter den Linden könnte die Kosten, bislang waren für Alex-Lehrter Bahnhof 1,3 Milliarden Mark veranschlagt, besonders in die Höhe treiben. Denn der Abschnitt, auf dem es keine Grube geben dürfe, ist lang - die U 5 folgt der Straße auf der gesamten Länge, rund 1,4 Kilometer. Weil auch die Stationen tiefer liegen, fallen Zugangsbauwerke aufwendiger aus. Längere Treppen und Zwischengeschosse werden nötig. Ebenfalls zu klären ist, ob die Bahnhöfe überhaupt im Schildvortrieb gebaut werden können - es wäre das erste Mal in Berlin. Kompliziert wird es bei der Station Unter den Linden, dem Umsteigebahnhof zur U 6. "Er kann wohl nur in offener Bauweise erstellt werden", sagt Christian Gaebler (SPD). Eine langwierige Groß-Baustelle bliebe der Kreuzung mit der Friedrichstraße damit nicht erspart.

Der absehbare Planungsmarathon ist für Schmitt kein Problem: "Wir haben genug Zeit." CDU und SPD haben sich geeinigt, Alex-Pariser Platz erst nach 1999 in Angriff zu nehmen. Horth findet es skandalös, daß die Umplanung erneut Experten bindet, obwohl sie für den Tram-Ausbau dringend gebraucht werden - dort gibt es dem Vernehmen nach nur anderthalb Stellen. Gaebler: "Obwohl absehbar ist, daß die U 5 in den nächsten zehn Jahren nicht gebaut wird, geht die Planung weiter." Die Straßenbahn-Erweiterung ginge dagegen nur sehr langsam voran.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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