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Bahn-Chef will Zoo vom Fernverkehr abkoppeln

09.05.2005

Mehdorns Plan: Künftig halten nur Regionalzüge. Alle anderen fahren zum Hauptbahnhof.
Noch verlassen in Spitzenzeiten im Abstand von wenigen Minuten Intercity-Express- (ICE) und Intercity-Züge (IC) den Bahnhof Zoo, den wichtigsten Bahnhof der Stadt, der bundesweit bekannt ist. Doch damit soll bald Schluss sein. Geht es nach Bahnchef Hartmut Mehdorn, wird vom nächsten Sommer an – pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft – planmäßig kein Fernzug mehr im Bahnhof Zoo halten oder abfahren. Mehdorn will den Fernverkehr im neuen Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof konzentrieren. Am Zoo würden dann nur noch Regionalbahnen stoppen.

Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, sagte ein Bahnsprecher. Doch die Aufgabe des Bahnhofs Zoo für den Fernverkehr sei eine Variante, die geprüft werde. Dass mit der Eröffnung des Hauptbahnhofs Ende Mai 2006 weniger Züge im Bahnhof Zoo halten werden, war klar. In der Nord-Süd-Relation, etwa von Hamburg über Berlin nach Leipzig und weiter nach München, werden die schnellen Züge durch den Nord-Süd-Tunnel geleitet. Diese Züge können dann nicht mehr wie bisher über die Stadtbahn und damit durch den Bahnhof Zoo fahren. Dass aber auch die verbleibenden Fernzüge den Bahnhof Zoo ohne Stopp passieren sollen, ist eine neue Variante.

Der neue – und teure – Hauptbahnhof brauche die Fahrgäste, argumentiert Mehdorn. Und die dort geplanten Geschäfte müssen schließlich auch genug Kunden finden. Den Bahnhof Zoo passieren heute etwa 180 000 Menschen täglich, im künftigen Hauptbahnhof sollen es nach den Prognosen 240 000 sein.

Dort seien die Wege auch übersichtlicher, und es gebe mehr Platz auf den Bahnsteigen, was die Sicherheit verbessere, so Mehdorn weiter. Für den derzeitigen Massenverkehr sei Zoo nicht konzipiert. Der Bahnhof wurde 1878 bis 1882 für den Nahverkehr gebaut, bald hielten aber auch Fernzüge. Eine großzügige Umgestaltung wurde 1957 abgeschlossen.

Fahrgäste aus dem Westen der Stadt, die ihr Ziel im Westen Deutschlands oder Europas haben, wären 20 oder gar 30 Minuten länger unterwegs, hat der Fahrgastverband IGEB nach Angaben seines Vorsitzenden Christfried Tschepe ausgerechnet, weil sie erst zum Hauptbahnhof und dann wieder zurückfahren müssten. Tschepe fordert, dass auch die Fernzüge auf der Stadtbahn weiter im Bahnhof Zoo halten, der besser ans Nahverkehrsnetz angeschlossen sei als der Hauptbahnhof.

Doch nicht nur Mehdorn will auf den Stopp verzichten. Auch Fahrplanmacher wehren sich gegen häufige Halte, weil sich dadurch die Fahrtzeiten verlängern. So fahren bereits heute die meisten ICE-Züge ohne Stopp durch den Bahnhof Spandau. Und ob im neuen Bahnhof an der Papestraße, der dann Südkreuz heißen soll, alle Fernzüge der Nord-Süd-Strecke halten werden, ist auch noch ungewiss.

Autor/Agentur: Klaus Kurpjuweit
Quelle: Der Tagesspiegel
Medium: Tageszeitung
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