Gemeinsame Presseerklärung VIV zum Start Verkehrsverbund

ADFC – Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, Landesverband Berlin e.V.
BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Berlin e.V.
IGEB – Interessengemeinschaft Eisenbahn und Nahverkehr e.V.
VCD – Verkehrsclub Deutschland, Landesverband Berlin e.V.

Berlin, 31. März 1999

Gemeinsame Presseerklärung Berliner Verkehrsinitiatven und –verbände (VIV) zum Start des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB)

Sieben Forderungen zur sofortigen Änderung des VBB-Tarifs

VBB-Tarifwirrwarr verschreckt Fahrgäste

Die Einführung des Verbundtarifs steht am 1. April unmittelbar bevor. Wo mit den Monats-karten für Landkreise eine brauchbare Lösung eingeführt wird, ist das Wabenwirrwarr des VBB für den Einzelfahrschein nicht vermittelbar, ist Verwirrung vorprogrammiert. Die Berli-ner Verkehrsinitiativen und –verbände fordern daher, mittelfristig die kleinteilige Waben-struktur aufzugeben und durch große Tarifgebiete, die auch Grundlage für Monatskarten sein könnten, zu ersetzen.

Die nachfolgenden sieben Forderungen sind jedoch unabhängig davon sofort umsetzbar.

1. Im gesamten Verbund muß eine Kinderermäßigung von 40 % gelten.
Die Kinderermäßigung wurde beim VBB (außer im Berliner Tarifgebiet AB) mit 25% festge-setzt. Damit ist der VBB der unsozialste Verkehrsverbund Deutschlands. Wo deutschlandweit die Politik den Versuch unternimmt, die Familien zu entlasten, kassiert der VBB bei den Fa-milien ab. Wer soll das verstehen?

2. Der Interregio muß in den Verbund integriert werden.
InterRegios dürfen im VBB-Gebiet nicht mit einem VBB-, sondern nur mit einem DB-Fahr-schein benutzt werden. Das führt beispielsweise zu der verwirrenden Situation, daß man zwi-schen Angermünde und Prenzlau, wo abwechselnd REs und IRs fahren, den RE nur mit einen VBB-Fahrschein und den IR nur mit einen DB-Fahrschein benutzen darf. Eine Strecke, ein Ver-kehrsmittel, ein Verkehrsbetrieb, zwei Fahrscheine! Wer soll das verstehen?

3. Der ABC-Durchmesser-Fahrschein muß ersatzlos gestrichen werden.
Für 30 Pfennig Mehreinnahme von einem extrem kleinen Kundenkreis hat der VBB einen Fahr-schein eingeführt, dessen Regelung kaum jemand bisher verstanden hat. Denn mitnichten muß man mit einem ABC-Durchmesser-fahrschein in den Berliner Tarifbereichen A oder B unterwegs sein. Auch für die Fahrt von Hennigsdorf nach Potsdam, mit der Regionalbahn an Berlin vor-bei, braucht man einen ABC-Durchmesser-Fahrschein. Wer soll das verstehen?

4. Ergänzungsfahrscheine müssen wirklich Zeitkarten „ergänzen„.
Wer glaubt, mit einem Ergänzungsfahrschein beispielsweise seine Premiumkarte ergänzen zu können, der irrt. Wer mit einer Berliner AB-Premium-Karte abends weitere Personen z.B. nach Pots-dam mitnehmen möchte, muß nicht nur für sich sondern auch für jede Person einen Ergänzungs--fahrschein kaufen. Was wird also eigentlich ergänzt?

5. Das Schöne Wochenende-Ticket muß im gesamten Verkehrsverbund gelten.
Das beliebte „Schöne Wochenend-Ticket„ der Deutschen Bahn gilt zwar weiterhin, aber nur bei DB, BVG, S-Bahn und ViP. Ein Ticket, das im Verbund gilt, aber dann nur bei einigen Ver-kehrsunternehmen – von Übersichtlichkeit keine Spur. Wer soll sich das merken können, wer soll das verstehen?

6. Die Premium-Monatskarte muß endlich wieder abgeschafft werden.
Die positiven Erfahrungen mit der Umweltkarte, mit der vor einigen Jahren auch spontan abends und am Wochenende Personen mitgenommen werden konnten, war für viele eine „Ein-stiegs-hilfe„ in den ÖPNV. Auch die Fahrradmitnahme muß als Kooperation unter den umweltfreund-lichen Verkehrsträgern für alle Monatskartenbesitzer wieder selbstverständlich werden.

7. Es muß für den gesamten VBB eine Fahrrad-Tageskarte für 5 DM eingeführt werden.
Die Fahrradmitnahme wird beim Verbund einen Erwachsenenfahrschein kosten (Einzelfahrt maximal 5 DM), eine Tageskarte gibt es nicht. Weiterhin gibt es aber noch die „Mehr-tages-fahr-radkarte Berlin-Brandenburg„ (pro Tag 5 DM) sowie die Fahrrad-Tageskarte zum Ferien- und Schönen-Wochend-Ticket für 6 DM, die aber nur bei DB und S-Bahn gültig sind. Für ei-nige Fälle ist aber die „Radkarte des DB-Tarifs„ die billigste Lösung. Woher der „Gelegen-heits-aus-flüg-ler„ wissen soll, welche Karte für seinen Zweck geeignet und welche die billigste ist, bleibt offen. Wer soll das verstehen?

Viele offene Fragen werden viel potentielle Fahrgäste abschrecken, da sie berechtigte Angst haben werden, nicht den korrekten Fahrschein gekauft zu haben. Die Berliner Fahrgastver-treter appel-lieren daher an die Verkehrsunternehmen in Berlin und Brandenburg in Zukunft bei Kontrollen kulant vorzugehen.

Wenn nicht einmal die organisierten Fahrgastvertreter den Tarif verstehen, wie sollen „nor-male Fahr-gäste„ eine Chance haben? Seit 1½ Jahren verzichtet der VBB auf die Beratung durch einen Fahrgastbeirat. Er verzichtet damit darauf, die Erfahrungen der Fahrgäste umset-zen zu können und arbeitet in überheblicher Manier an den Fahrgästen vorbei. Ergebnis: un-übersehbarer Fahrschein-Bürokratismus.

BUND: Axel Mauruszat, VCD: Stefan Kohte, IGEB: Matthias Horth, ADFC: Michael Föge

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.