Pressedienst vom 4. November 1999

Citytram langsamer als die Pferdebahn zu Kaisers Zeiten

Die Berliner Verkehrsverwaltung setzt ihre unrühmliche Politik zur Blockade der Straßenbahn fort. Noch am 30.12.1998 feierte man mit viel Tamtam die Rückkehr der Straßenbahn zum Alexanderplatz. Doch vergessen sind die Jubelreden.
Seit der Eröffnung konnte die Straßenbahn in der Keibel- und Gontardstr. mit 30 km/h, auf dem Alexanderplatz selbst mit 10 km/h fahren. Schon die Einschränkung für den Alexanderplatz war merkwürdig, denn in anderen Städten darf die Straßenbahn in Fußgängerzonen zw. 25 und 30 km/h fahren (Kassel, Karlsruhe, Erfurt)!
Doch in Berlin gelten die Erfahrungen anderer Städte bekanntlich wenig. Seit dieser Woche gilt im gesamten genannten Bereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 5 km/h - die Pferdebahn zu Kaisers Zeiten war schneller. Die Technische Aufsichtsbehörde hat diese Einschränkung ohne Absprache mit der BVG durchgesetzt.
Die Folgen für die Straßenbahn sind gravierend. Die Fahrzeit für jeden Zug verlängert sich um ca. zwei Minuten. Damit ist auch die Beschleunigung der Straßenbahnlinie 6 gescheitert. Diese Linie sollte seit Oktober bei ihrer Fahrt vom Alexanderplatz nach Hellersdorf sechs Minuten weniger benötigen. Mit der Fahrzeitverlängerung muß auch der Fahrplan angepaßt werden und es kommt zu einem kostenintensivem Mehreinsatz von Fahrzeugen und Personal.
Ach so, sind vielleicht auch Fahrgäste betroffen? Leider ja, aber jetzt haben die Fahrgäste zwei Minuten länger Zeit, das pulsierende Großstadttreiben zu beobachten.
Die IGEB fordert die Technische Aufsichtsbehörde auf, umgehend den alten Zustand wieder herzustellen. Darüber hinaus müssen die Erfahrungen oben genannter Städte berücksichtigt werden - die Straßenbahn sollte auf dem Alexanderplatz 20 km/h fahren dürfen.

Matthias Horth, Stellvertretender Vorsitzender
Jens Wieseke, Abteilungsleiter Stadtverkehr

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.