Presse- und Fototermin vom 29. August 2001

Weite und beschwerliche Umsteigewege machen die Benutzung von Bahnen und Bussen oft unattraktiv.

So auch an den Bahnhöfen Tegel und Pankow.

1. Geschichte wiederholt sich nicht?
Die leidgeprüften Fahrgäste in Berlin-Tegel machen eine andere Erfahrung.

"Verkehrssenator Prof. Dr. Herwig Haase und Bausenator Wolfgang Nagel haben am gestrigen Donnerstag grundlegende Positionen zu Projekten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und deren Finanzierung festgelegt. ... Der provisorische Ausbau der Strecke Schönholz - Tegel wird noch in diesem Jahr beginnen, so dass die Inbetriebnahme dieser Strecke zum Sommer 1993 sichergestellt werden kann." (LPD 24.7.92) Welch kühnes Versprechen: "Sichergestellt". Tatsächlich wurde die Strecke erst zwei Jahre später wieder in Betrieb genommen: am 28.5.1995.

Die Verzögerung bot - ein schwacher Trost - die Chance, rechtzeitig die Buslinien der BVG an den S-Bahnhof heranzuführen. Im IGEB-Pressedienst vom 29.9.1994 hat der Berliner Fahrgastverband diese Busanbindung nicht nur gefordert, sondern auch konkrete Umsetzungsvorschläge gemacht. Vergeblich. Mal legte sich das Bezirksamt Reinickendorf quer, mal die BVG. Jahre vergingen.

Als im Jahr 2000 Stadtentwicklungssenator Peter Strieder und seine Verkehrsstaatssekretärin Maria Krauztberger neue verkehrspolitische Akzente ankündigten, sah es so aus, als ob die Busanbindung zum S-Bf. Tegel nun endlich kurzfristig realisiert werden würde. Am 26.7.2000 teilte Frau Krautzberger auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Cramer mit: "In Abstimmung mit der BVG befürwortet der Senat den IGEB-Vorschlag zur Heranführung der BVG-Buslinie 133 an den S-Bahnhof Tegel. Der Senat setzt sich gegenüber dem Bezirksamt dafür ein, dass die straßenbaulichen und straßenrechtlichen Voraussetzungen für eine Umverlegung der Linie 133 erfüllt werden. Seitens der BVG ist vorgesehen, die Linienänderung zum kleinen Fahrplanwechsel Anfang November 2000 vorzunehmen." (LPD 22.8.2000)

Als der November erreicht war und nichts geschah, setzte der Abgeordnete nach und erhielt am 20.12.2000 von Verkehrsstaatssekretärin Krautzberger auf eine erneute Kleine Anfrage folgende Antwort: "Für den Umsteigepunkt Bus/S-Bf. Tegel liegt ein abgestimmtes Konzept vor. Da weder der Bezirk Reinickendorf noch die BVG bzw die S-Bahn GmbH sich in der Lage sahen, die erforderlichen Kosten in Höhe von 213.000 DM bereitzustellen, hat sich der Senat bereiterklärt, für die im Zusammenhang mit dem Umbau erforderlichen Baumaßnahmen die notwendige Finanzierung zu sichern. Die Umsetzung erfolgt nach Aussagen des Bezirksamtes Anfang 2001." (LPD 10.1.2001)

"Zu sichern" - kühne Worte - siehe oben. Geschichte wiederholt sich nicht? Mit Schreiben vom 13.8.2001 teilte Frau Krautzberger dem Reinickendorfer Baustadtrat, Herrn Dr. Wegner, mit: "Es war Absicht, ein von meinem Haus erarbeitetes Programm zur Verbesserung der Umsteigemöglichkeiten im ÖPNV, das u.a. auch die o.g. Maßnahme vorsah, im Rahmen des Nachtragshaushaltsplans 2001 ... anzuschieben. Die deutlich verschlechterten finanziellen Gegebenheiten schlossen dies leider aus."

Frau Krautzberger bat dann den Bezirk um Vorfinanzierung mit dem Versprechen um späteren Ausgleich, so dass Bezirksstadtrat Dr. Michael Wegner am 23.8.2001 verkünden konnte: "Was lange währt, wird endlich gut. Wir lösen jetzt die Ausschreibung aus, werden die Aufträge danach vergeben und - wenn alles gut geht im Oktober anfangen zu bauen".

Ende gut, alles gut? Nein!

* Wenn in einigen Monaten endlich die erste von vier Buslinien zum S-Bf. Tegel verkehrt, werden seit Wiederinbetriebnahme dieses S-Bahnhofes fast 7 (!) Jahre vergangen sein. Zyniker können dann das außergewöhnliche Tempo feiern, da die Verlegung einer Haltestelle am S-Bf Lichterfelde West immerhin 15 Jahre gedauert hat, gerechnet ab der dortigen S-Bahn-Wiederinbetriebnahme im Jahr 1985.

* Senator Strieder und Staatssekretärin Krautzberger müssen sich fragen lassen, welchen Wert ihr im Sommer 2000 gestartetes, grundsätzlich ja richtiges Projekt "Plattform Umsteigebeziehungen" hat, wenn die für die Umsetzung notwendigen Gelder nicht rechtzeitig in den Haushalt eingestellt werden.

2. Die tägliche Dosis Ärger: Umsteigen am Bf. Pankow zur Straßenbahn

Zusätzlich entwertet wurde die "Plattform Umsteigebeziehungen" durch die Ereignisse am S- und U-Bf. Pankow. Während Gutachter, Verwaltungen und Verbände sich mühten, wenigstens einige der vielen zur Verkürzung der Umsteigewege erforderlichen Haltestellenveränderungen abgestimmt zu bekommen, wurde an diesem wichtigen Umsteigepunkt mit der Eröffnung des neuen U-Bahnhofs im September 2000 sogar ein neuer Missstand geschaffen: Das Umsteigen von S- und U-Bahn in die Straßenbahnen Richtung Norden ist äußerst unattraktiv. Die sich beschwerenden Fahrgäste wurden auf die Zukunft (neue Straßenbahnhaltestelle nach Neubau der Bahnbrücken) vertröstet. Viele suchten sich deshalb einen eigenen Weg über die Straße. Hilflose Reaktion des bezirklichen Tiefbauamtes: Aufstellung von Gittern. Wie statt dessen die Straßenbahnhaltestellen so verlegt werden können, dass das Umsteigen in Pankow attraktiv und sicher ist, will Ihnen der Berliner Fahrgastverband IGEB heute vor Ort erläutern.

Christfried Tschepe, Stellvertretender Vorsitzender
Jens Wieseke, Abt. Stadtverkehr
Matthias Gibtner, Abt. Fahrgastbelange

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.