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Senat: Bahn soll Kunden für Verspätungen entschädigen

22.11.2004

Berlin unterstützt Bundesratsinitiative - Nach 20 Minuten sollen Fahrgäste Taxi nehmen dürfen
Berlin will sich einer Bundesratsinitiative Nordrhein-Westfalens für mehr Kundenrechte bei Bahnreisen anschließen. "Wir werden diesen Vorstoß unterstützen", sagte Petra Rohland, Sprecherin der Verkehrsverwaltung, der Berliner Morgenpost. Die Landesregierung in Düsseldorf will Entschädigungen für Verspätungen bei Zügen, Bussen und sogar Straßenbahnen gesetzlich regeln lassen. Schon ab 20 Minuten sollen die Kunden bei Bus und Regionalbahn die Taxifahrt zum Ziel bezahlt bekommen. Im Fernverkehr soll sich die Entschädigung am Bürgerlichen Gesetzbuch orientieren. Die von der Bahn selbst festgesetzte Entschädigung von 20 Prozent halten die Nordrhein-Westfalen für willkürlich. Zudem soll künftig die Bahn die Beweislast tragen, nicht der Kunde.

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn e.V. setzt sich für stärkere Kundenrechte ein. Er fordert höhere Entschädigungen bei Zugverspätungen. Der Berliner Fahrgastverband Igeb verlangt darüber hinaus eine unbürokratischere Handhabung der zum Oktober von der Bahn selbst eingeführten Regelungen.

"Daß es erst ab Verspätungen von einer Stunde Geld gibt, ist nicht ausreichend", sagte der Landesvorsitzende von Pro Bahn Berlin/Brandenburg, Jürgen Czarnetzki, der die Gesetzesinitiative Nordrhein-Westfalens unterstützt. "Ein Problem ist, daß es in der Regionalbahn bislang überhaupt keinen Ausgleich bei Verspätungen gibt", kritisiert auch Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb. Dabei seien im Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg "mindestens" zehn Prozent aller Züge zu spät, so der Igeb-Vorsitzende. In den vergangenen Wochen hätten die Verspätungen sogar wieder zugenommen. Diesen Vorwurf will man bei der Deutschen Bahn nicht stehen lassen. "Beim Personenverkehr sind wir zu mehr als 90 Prozent pünktlich", sagte Regionalsprecher Burkhard Ahlert. Dies seien etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahr, das langfristige Ziel seien aber 95 Prozent. Allerdings spricht man bei der Bahn erst ab fünf Minuten von einer Verspätung, alles darunter wird noch unter "pünktlich" verbucht.

Pro Bahn-Landeschef Czarnetzki verweist darauf, daß gerade die Fernzüge nur selten mehr als 60 Minuten zu spät sind - und erst dann zahlt die Bahn seit Anfang Oktober auf Antrag freiwillig mindestens 20 Prozent des Fahrpreises. "Und meiner Erfahrung nach hält sich die Deutsche Bahn in der Region auch daran."

Czarnetzki berichtet aber auch von Zügen, die fast schon regelmäßig mehr als eine Stunde verspätet abfahren oder ihr Ziel erreichen. "Gerade der als von der Bahn besonders schnell gepriesene Sprinter von Berlin nach Frankfurt am Main war im Oktober einmal sogar mehr als 90 Minuten zu spät." Auch auf der ICE-Strecke in Richtung Köln/Düsseldorf komme es derzeit häufig zu Verspätungen.

Das will die Deutsche Bahn ebenfalls nicht bestätigen. Auf der Strecke geben es in Sachen Verspätungen "nichts systematisches", heißt es in der Pressestelle. Die Zahl der Beschwerden über Verspätungen in Berlin und Brandenburg sind nicht einzeln erfaßt. Bundesweit sind es nach Bahnangaben täglich etwa 300. "Unser Hauptziel sind nicht maximale Entschädigungen, sondern maximal pünktliche Züge", betont der Igeb-Vorsitzende Tschepe.

Autor/Agentur: Guido Hartmann
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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