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Ein-Euro-Jobs in Bus und Straßenbahn

03.11.2004

Begleitpersonal könnte "soziale Kontrolle" ausüben
Zwei Monate vor Beginn der Arbeitsmartktreform Hartz IV erwägt man auch bei der BVG die Vergabe sogenannter Ein-Euro-Jobs. "Wir stehen dem grundsätzlich positiv gegenüber", sagt BVG-Betriebsvorstand Thomas Necker. Erste Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit hätten bereits stattgefunden.

Necker zufolge könnten die neuen Mitarbeiter als Begleitpersonal in Bussen und Straßenbahnen mit unterwegs sein. Dort würden die Ein-Euro-Jobber Präsenz zeigen und auch "soziale Kontrolle" ausüben, etwa gegenüber Randalierern und Grafitti-Sprühern. Zunächst wolle man aber beobachten, wie sich ein in Düsseldorf angelaufenes Pilotprojekt entwickelt.

Bei der dortigen Rheinbahn haben gerade die ersten 15 Fahrgastbetreuer ihre einwöchige Grundausbildung abgeschlossen. Insgesamt sollen 100 vom Sozialamt und der Agentur für Arbeit ausgewählte Frauen und Männer als Ansprechpartner für die Kunden vor Ort sein. Die mit blau-grauer Dienstkleidung und einem Ausweis ausgestatteten Betreuer bekommen jedoch im Monat 900 Euro von einer städtischen Tochterfirma.

In der Berliner Wirtschaftsverwaltung hält man die BVG-Überlegungen "grundsätzlich für eine gute Idee", sagt Sprecher Christoph Lang. Es dürften jedoch keine regulären Beschäftigungsverhältnisse durch die von den bezirklichen Jobcentern vermittelten und gemeinnützigen Tätigkeiten bedroht werden, so der Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).

Gerade das befürchtet man jedoch im BVG-Gesamtpersonalrat. "Wir sind dagegen", sagt deshalb dessen Vorsitzender Uwe Nitzgen, der den Vorstoß als "abenteuerlich" bezeichnet. Falls die BVG, wie vom Vorstand immer behauptet, tatsächlich einen Personalüberhang von mehreren tausend Mitarbeitern habe, könne man den Begleitdienst auch mit eigenen Leuten bestücken.

Beim Berliner Fahrgastverband Igeb sieht man die BVG-Überlegungen mit sehr gemischten Gefühlen. Lediglich Leute in Bussen und Bahnen mitfahren zu lassen, hält Igeb-Vorstand Matthias Horth für Kundenbetreuung "auf niedrigster Flamme." Bereits Mitte der 90er Jahre hätten BVG und S-Bahn ABM-Kräfte als Fahrgastbetreuer eingesetzt, von denen sich viele "unmotiviert und bar jeder Kenntnis" gezeigt hätten.

Falls die BVG ihre Überlegungen in die Tat umsetzen sollte, so Horth, müßten die Hilfskräfte auch eine Ausbildung bekommen. Etwa in Tarifrecht, Fahrplänen, Automatenbedienung sowie Auskünften und Hilfestellung für Fahrgäste, Umgang mit behinderten Personen und Deeskalationstraining - alles Disziplinen, die bei der Düsseldorfer Rheinbahn auf dem Stundenplan stehen.

Autor/Agentur: Guido Hartmann
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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