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BVG zeigt erstes Modell von neuer Strassenbahn

29.07.2021

Ende 2022 sollen die ersten neuen Trams durch Berlin fahren – mit erweiterter Länge, Kamerasystem und Massagefunktion im Fahrersitz.
Berlin bekommt in den kommenden Jahren zahlreiche neue Züge – neben U- und S-Bahnen auch Straßenbahnen. Bis zu 117 Fahrzeuge sollen es sein, die ersten werden ab Ende 2022 durch Berlin fahren und 2023 in den Fahrgastbetrieb gehen.

Nun haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ein erstes 1:1-Modell aus Holz der neuen Straßenbahn präsentiert. Dieses sogenannte Mock-up soll in den kommenden Wochen genutzt werden, um es Experten, Interessengruppen wie auch BVG-Beschäftigten, die später in den neuen Bahnen arbeiten werden, zu zeigen, Rückmeldungen einzuholen und im Anschluss noch mögliche Verbesserungen vorzunehmen. „Es geht vor allem darum, das Design und die Funktionalität einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, bevor die tatsächliche Produktion der Fahrzeuge startet“, so Dirk Wunderlich, Vice President Urban Transport bei Alstom, dem Hersteller der Bahnen.

Neuerungen wird es äußerlich wie im Inneren der Straßenbahn geben. Offensichtlich ist zunächst einmal die Länge: Erstmals werden in Berlin 50 Meter lange Züge unterwegs sein. Sie sollen künftig auf der stark nachgefragten Linie M4 eingesetzt werden. Derzeit fahren dort zwei gekoppelte Züge von jeweils 30 Meter – also insgesamt 60 Meter – Länge. Das hatte bereits für Kritik vom Fahrgastverband Igeb gesorgt, der sich gewünscht hätte, dass die neuen Fahrzeuge zehn Meter länger wären.

Rico Gast, BVG-Bereichsleiter Straßenbahn, betont dagegen: Mehr Plätze bieten bereits die 50-Meter-Fahrzeuge. 313 sollen es künftig sein, in den gekoppelten Fahrzeugen sind es heute 300. Zudem müsse man auch den benötigten Fahrstrom und die Verkehrsknotenpunkte, die die Bahnen überqueren müssen, berücksichtigen.

Neue Straßenbahnen der BVG bieten mehr Platz für Fahrgäste

Einen großen Teil der neuen Straßenbahnen, die Fahrzeuge aus den 90er-Jahren ersetzen, werden aber erneut 30 Meter lange Fahrzeuge ausmachen, deren Einsatz vor allem im Südosten, auf den 60er-Linien, geplant ist. Um zehn bis 20 Prozent soll die Fahrgastkapazität mit den neuen Trams steigen, so Gast. „Wir erwarten bei der Entwicklung von Treptow-Köpenick insgesamt, dass die Nachfrage dort zunimmt.“ Mit den neuen Bahnen sei man dafür gut aufgestellt.

Allerdings ist bei diesen Straßenbahnen – zum jetzigen Stand – nicht geplant, dass diese für eine mögliche Kupplung ausgestattet werden. Auch das kritisierten die Fahrgastvertreter von Igeb, die sich wünschen, die neuen Fahrzeuge doch kuppelbar zu bauen. Eine Forderung, die sich erfüllen könnte: „Die ersten 30-Meter-Fahrzeuge werden 2024 geliefert“, sagte BVG-Bereichsleiter Gast. Bis dahin werde man eine Lösung finden, wie die Straßenbahnen so flexibel einsetzbar werden, dass sie den Anforderungen an sie entsprechen.

Diskutiert wird noch über die Anzahl der Sitzplätze

Eine erkennbare Neuerung gibt es auch an den Türen: LED-Lichtbänder zeigen künftig an Haltestellen an, ob die Tür freigegeben ist – dann leuchtet es grün – oder geschlossen, erkennbar dann am roten Licht. Hinzukommen soll im Inneren ein Touchdisplay, auf dem Fahrgäste das Liniennetz vergrößern, also Teile heranzoomen können. „Das ist ein neuer Ansatz“, sagte Karsten Grzelak, Projektleiter bei der BVG. Weil die Fenstersäulen zudem anders positioniert wurden, gibt es künftig von jedem Sitzplatz freie Sicht nach draußen.

Ein breiterer Durchgang soll in Zukunft helfen, dass sich die Fahrgäste nach dem Einstieg besser verteilen können – wobei sich die Breite des Mittelgangs noch etwas verkleinern könnte. Bislang sind auf beiden Seiten sogenannte Familiensitze angedacht, die offiziell Platz für 1,4 Personen bieten. Möglich ist, um mehr Sitzmöglichkeiten zu schaffen, dass auf einer Seite Doppelsitze entstehen, wie es auch im aktuellen Trammodell der Fall ist. „Wir sind offen für eine Diskussion“, sagte Grzelak. Die Entscheidung hänge von den Rückmeldungen in den kommenden Wochen ab.

Straßenbahn-Fahrer bekommen Navigationssystem und Massagefunktion

Veränderungen gibt es auch für die Fahrer: Der Sitz hat eine Massagefunktion, außerdem gibt es künftig ein Display mit Navigationssystem. „Wir haben in Berlin 190 Kilometer Streckennetz. Gerade für neue Kolleginnen und Kollegen ist es, wenn es einen Unfall und damit eine Umleitung gibt, schwierig. Mit dem System wollen wir das Fahrpersonal unterstützen“, erklärt der Projektleiter.

Der Außenspiegel wird künftig durch Kameras ersetzt, die vorne und hinten am Fahrzeug angebracht sind. „Ein deutlicher Vorteil ist, dass ich so den Blick auch zur linken Seite habe“, so Grzelak. Auf der Seite gibt es bislang keinen Außenspiegel, weil die Bahnen oft eng aneinander vorbeifahren. Ein Warnsystem für Abstandsregelungen und Hindernisse im Gleis ist ebenfalls vorgesehen. Auch für Anwohner an Straßenbahnstrecken sollen die neuen Züge Vorteile bieten: Vibrationen, erklärt Grzelak, werden durch das neue Fahrwerk deutlich reduziert. Zudem sollen die Bahnen insgesamt leiser unterwegs sein.

Autor/Agentur: Jessica Hanack
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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