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Organisations-Chaos verärgert Kunden

23.01.2007

Fahrgäste klagen über schlecht informiertes Service-Personal während der Schließung des Hauptbahnhofs. Politiker fordern Fernzug-Stopp am Zoo
Trotz der chaotischen Verhältnisse während der Schließung des Hauptbahnhofs am Sonntag hält die Bahn ihr Krisenmanagement für gelungen. Bahnsprecher Michael Baufeld wies gestern die heftige öffentliche Kritik zurück, die Bahn habe die Fahrgäste nicht rechtzeitig und umfassend über die kurzfristig angesetzte Schließung informiert. "Wir haben sofort reagiert und die Medien benachrichtigt. Zudem hatten die Mitarbeiter klare Anweisungen", sagte der Bahnsprecher.

Von klaren Anweisungen an das Servicepersonal spürten die im und vor dem Bahnhof herumirrenden Fahrgäste jedoch wenig. Die wenigen Mitarbeiter waren entweder überfordert oder nicht informiert. Ein Blick auf die Bahnseiten ins Internet half ebenfalls nicht, denn über eine kurzfristige Schließung wurde der normale Bahnkunde dort zunächst nicht informiert. "Nirgendwo ein Hinweis auf die Schließung. Und die telefonische Hotline war dauernd besetzt", schilderte eine betroffene Leserin ihre Erfahrungen.

"Man kann nicht in einer solchen Situation von Null auf Hundert hochfahren", entschuldigt Baufeld die fehlende Information im Internet. Warum allerdings das Unternehmen online nicht auf die Situation vorbereitet war, obwohl bereits am Sonnabendnachmittag eine Schließung des Bahnhofs am kommenden Tag immer wahrscheinlicher wurde, konnte die Bahn ebenso wenig plausibel erklären wie die Frage, warum vorsorglich nicht gleich mehr Mitarbeiter vor Ort waren.

Dabei war laut Bahn am Freitagnachmittag eine "Handlungsanweisung" erstellt worden, in der für den Fall der Räumung klare Vorgaben formuliert worden sein sollen. Doch selbst in der Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, mit der das Unternehmen ein gemeinsames Lagezentrum betreibt, ging einiges schief.

Schlechte Kooperation mit Bundespolizei

Während etwa die Bahn stundenlang gegenüber Medienvertretern angab, dass nur der obere Bahnhofsbereich gesperrt werden solle, war die Bundespolizei seit 14.40 Uhr längst damit beschäftigt, mit entsprechenden Durchsagen den kompletten Bahnhof zu räumen - offenbar nach den regulären Evakuierungsplänen für den "normalen" Notfall. "Es gab anfangs Unklarheiten und Missverständnisse in der Zusammenarbeit mit der Bundespolizei", sagt dazu die Bahn. Am Sonntag klang das noch anders. Die Bundespolizei sei anfangs "zu forsch vorgegangen", hatte ein Bahnsprecher geklagt.

Bei der Bundespolizei wollte sich gestern eine Sprecherin zu den Vorwürfen im Detail nicht äußern. Nur soviel: Die sofortige und komplette Räumung des Hauptbahnhofs sei in "Abstimmung mit der Bahn erfolgt", hieß es. Beim Fahrgastverband Igeb zeigte sich der Vorsitzende Christfried Tschepe "entsetzt darüber", dass die Bahn "derart hilflos" agiert habe. Es habe viele zu wenig und zu schlecht geschultes Personal für diesen Störfall gegeben, obwohl es genügend Zeit gegeben habe, sich auf eine erneute Schließung vorzubereiten.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat die zeitweise Schließung des Bahnhofs aus Vorsicht bei Sturm begrüßt. Die Sicherheit der Menschen habe Vorrang. Für die Schäden am Bahn-Vorzeigeprojekt Hauptbahnhof hat Pro Bahn indes kein Verständnis. "Das ist ein Schildbürgerstreich, dass so etwas passieren kann", sagte Sprecher Hartmut Buyken am Montag. Der strikte Sparkurs von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn könne eine Ursache für den Schaden sein. Es sei nicht auszuschließen, "dass an den Trägern auch gespart wurde".

Autor/Agentur: Guntram Doelfs
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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