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Stammkunden werden zur Kasse gebeten

14.02.2001

Fahrgastverband kritisiert die Tariferhöhungen
Es gibt nur einen Punkt, an dem der Berliner Fahrgastverband nichts auszusetzen hat: Die Verbilligung der Schüler-Monatskarte von jetzt 60 auf 45 beziehungsweise 30 Mark für Geschwister. In allen anderen Punkten kritisiert der Verband die geplanten Änderungen der Nahverkehrstarife, die der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes heute mit großer Wahrscheinlichkeit beschließen wird. Ab August werden die Fahrpreise bei Bahnen und Bussen dann beträchtlich steigen. Für den stellvertretenden Vorsitzenden des Fahrgastverbandes, Christfried Tschepe, ist "damit die Schmerzgrenze erreicht". "Die Fahrkarten werden so teuer wie in den alten Bundesländern, obwohl die Arbeitnehmer in Berlin bis zu 30 Prozent weniger verdienen als die in Hamburg, Düsseldorf oder München."

Die erneute Verteuerung der Monatskarte für Erwachsene bezeichnete er gestern als fatal. "Ausgerechnet die Stammkunden werden wieder überdurchschnittlich zur Kasse gebeten." So kostet die Monatskarte AB Premium künftig 126 Mark, 1995 musste für diese Karte im Ostteil der Stadt nur 80, im Westteil 89 Mark auf den Tisch gelegt werden. Besonders geärgert hat den Fahrgastverband aber die Abschaffung der Kleingruppenkarte, die von bis zu fünf Personen einen Tag lang genutzt werden kann und 21 Mark kostet. Im August werden sich die Fahrpreise für eine fünfköpfige Gruppe nahezu verdreifachen. Denn dann benötigt jedes Gruppenmitglied eine Tageskarte für 12 Mark.

Die Tariferhöhungen seien das Ergebnis der Feilscherei zwischen den Verkehrsbetrieben. Der Verkehrsverbund habe es nicht verstanden, diesen Prozess zu moderieren. Tschepe: " Wir fordern daher, dass die Politiker die Tarife festsetzen. Sie können dann hinterher auch zur Verantwortung gezogen werden."

Nachdrücklich wendet sich der Fahrgastverband gegen die Pläne der BVG, Zugangssperren in den U-Bahnhöfen einzurichten. Die BVG macht sich mit dem Argument dafür stark, dass dadurch die Schwarzfahrerquote sinkt. Ein Vergleich mit den Pariser Verkehrsbetrieben widerlege diese These, sagte Jens Wieseke, der beim Fahrgastverband für den Stadtverkehr zuständig ist. Schwarzfahrer könnten sich ohne weiteres an den Barrieren vorbei schlängeln. Zugangssperren seien außerdem zu teuer. Nach Berechnungen des Verbandes würde die Nachrüstung aller 170 U-Bahnhöfe in Berlin eine Summe von 20 Millionen Mark erfordern. Dieses Geld solle stattdessen in den Bau zweiter Zugänge in den U- und S-Bahnhöfen gesteckt werden, wo diese bislang noch fehlen. Der Brand im U-Bahnhof Deutsche Oper im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass ein zweiter Zugang für die Sicherheit der Fahrgäste erforderlich sei. Mechanische Schranken würden in solchen Situationen zu große Gefahren bergen.

Autor/Agentur: Thorkit Treichel
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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