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Ab August soll die Umweltkarte 109 Mark kosten

13.12.2000

Verkehrsunternehmen planen neue Tarife für 2001 / Preiswerter Kiez- und Freizeittarif vorgesehen
Vom 1. August 2001 an sollen im Berliner Nahverkehr neue Fahrpreise gelten. Die Verkehrsbetriebe, der Senat und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg beraten, wie das Tarifsystem gestaltet werden soll. Inzwischen liegen die ersten Vorschläge auf dem Tisch. Danach sollen Tageskarten um bis zu 3,90 Mark teurer werden. Auch für Umweltkarten, Ausbildungstickets sowie Fahrscheine ins Umland müssten die Fahrgäste mehr bezahlen. Dagegen sollen mit einem günstigen "Kieztarif", einer Freizeitkarte und einem verbilligten Grundschüler-Ticket neue Kunden gewonnen werden. "Die Tarifvorschläge sind in Ordnung", sagte Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Ticket ins Umland: fünf Mark

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind in einer Zwickmühle. Zum einen geht ihre mit dem Senat abgestimmte Planung davon aus, dass die Fahrgeldeinnahmen künftig um drei Prozent jährlich steigen. Zum anderen fordert derselbe Senat niedrige Preise, damit der Nahverkehr attraktiver wird. Zusammen mit der S-Bahn und der Deutschen Bahn (DB) versucht die BVG den Spagat zwischen den beiden Zielen.

Jetzt hat die von allen Unternehmen gebildete Arbeitsgruppe "Tarif 2001" Ideen für neue Preise vorgelegt. Am 1. August 2001, ein Jahr nach der jüngsten Anhebung, sollen viele Tickets teurer werden. Die Standard-Umweltkarte für Berlin (Bereich AB) soll 109 Mark kosten - vier Mark mehr als heute. Die Standard-Umweltkarte für Berlin und Umland (Bereich ABC) soll sich um sieben Mark verteuern - auf 137 Mark. Für das Ausbildungsticket AB wollen die Betriebe statt 78 künftig 81 Mark fordern, für das Ausbildungsticket ABC 103 statt 93 Mark. Erwachsene sollen für einen Fahrschein zwischen der Berliner Innenstadt und dem Umland fünf Mark zahlen - 50 Pfennig mehr als heute. Die größte Anhebung betrifft jedoch die Tageskarten. Wer einen Tag lang den Nahverkehr in Berlin nutzt, soll dafür 11,20 Mark ausgeben, ein Anstieg um 2,50 Mark. Die Tageskarte für Berlin und Umland könnte sich von 9,90 auf 13,80 Mark verteuern. Kleingruppen-Tageskarten soll es künftig nicht mehr geben.

Die Preise der Berliner Einzelfahrscheine, Schüler- und Seniorenkarten sollen dagegen unverändert bleiben. Sogar Sonderangebote sind in der Diskussion. Gelegenheits-Fahrgäste, die mit BVG und S-Bahn mittlere Strecken zurücklegen, könnten billig mit dem "Kieztarif" fahren. Zehn Haltestellen mit Bus und Straßenbahn oder fünf U- und S-Bahnhöfe kosten drei Mark - Umsteigen ist erlaubt. Der heutige Kurzstreckentarif soll entfallen.

Bahn erwägt Sperrzeit für Räder

Zweite mögliche Neuerung: die Freizeitkarte, wie es sie bereits in Hamburg gibt. Sie soll an Wochenenden und Feiertagen ganztägig sowie werktags ab 18.30 Uhr bei der BVG, der S-Bahn und bei DB Regio gelten. Zu den übrigen Zeiten dürfen die Freizeitkarteninhaber den Nahverkehr zum Kindertarif nutzen. Preisidee: 45 Mark pro Monat. Wer bis zu drei Kinder mitnimmt, zahlt 55 Mark. Damit sollen Gelegenheitsnutzer, zum Beispiel Ehepartner und Senioren, als Stammkunden gewonnen werden.

Von der dritten vorgeschlagenen Vergünstigung würden Schüler im Alter von bis zu zwölf Jahren profitieren: Sie sollen für ihre Monatskarte statt 60 nur noch 45 Mark zahlen. Vierte Idee: Besitzer von Premium-Umweltkarten sollen mehrere Fahrräder gratis mitnehmen dürfen. Doch dagegen sperrt sich die DB. Schon jetzt führten die vielen Zweiräder in manchen Zügen "zu unerträglichen Zuständen", hieß es. Die Bahn erwägt nun Sperrzeiten für die Radmitnahme und denkt darüber nach, die Fahrräder von Schüler- und Azubi-Ticket-Inhabern nicht mehr kostenlos zu befördern.

Bis Januar wollen sich die Verkehrsunternehmen auf einen endgültigen Vorschlag verständigen und dann einen entsprechenden Antrag stellen. Der Fahrgastverband IGEB hält das Konzept für tragfähig. "Die Grundschüler-Karte entlastet Familien, die Freizeitkarte schließt eine Lücke im Angebot", sagt Jens Wieseke. Die Verteuerung der Tageskarte sei zwar schmerzlich, bewege sich aber im akzeptablen Rahmen. Wieseke: "Sie wird von vielen Touristen genutzt. Bei ihnen kann man noch etwas abschöpfen."

NEUE ANGEBOTE // Am 1. August sind die Preise im Berliner Nahverkehr angehoben worden. Nun planen die BVG, die S-Bahn und DB Regio zu August 2001 weitere Tarifänderungen.

Um 31 Prozent hat sich eine Standard-Monatskarte im Osten Berlins seit 1995 verteuert, rechnet der Fahrgastverband IGEB vor. Im Westen betrug die Preissteigerung 18 Prozent. Die gesamte Lebenshaltung verteuerte sich in dieser Zeit nur um vier Prozent.

Die BVG verweist auf ihr Sanierungskonzept, das sie mit dem Senat vereinbart hat. Der geltende Unternehmensvertrag erlaube jährliche Tariferhöhungen - zunächst um zwei Prozent, von 2002 an sogar um drei Prozent pro Jahr.

34,3 Millionen Mark: Dieses Einnahmeplus sollen die für August 2001 geplanten Preisänderungen den Verkehrsunternehmen in Berlin und Umland bescheren, hoffen die Fachleute.

Die Tageskartenpreise sollen "überproportional" steigen, Kleingruppenkarten entfallen. Auch Umweltkarten sollen teurer werden.

Zum Ausgleich könnte es neue Angebote wie den "Kieztarif" für kurze und mittlere Strecken, ein Grundschüler-Ticket sowie eine Freizeitkarte für den Abend und das Wochenende geben. Geplant ist auch ein neuer ermäßigter Gruppentarif für Schulen und Vorschulen.

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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