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Ein Auto mit 83 Sitzen

30.07.2004

Der neue BVG-Doppeldecker kann morgen besichtigt werden / Klimaanlage und Videoüberwachung
Die Sitze sind ziemlich hart. Damit selbst Messerstiche nichts anrichten können, wurden die Bezüge einfach auf Sperrholz geklebt. Doch dafür können ungewöhnlich viele Fahrgäste ihre Reise sitzend verbringen. Denn der neue Doppeldecker der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hat nicht weniger als 83 Sitzplätze - so viele wie kein anderer Bus des Landesbetriebs. Gestern fuhr BVG-Chef Andreas von Arnim mit dem Dreiachser auf dem Betriebshof Müllerstraße vor. Morgen kann das erste Exemplar der neuen Doppeldecker-Generation von 11 bis 14 Uhr auf dem Wittenbergplatz besichtigt werden. Mitte August beginnt der Testeinsatz im Alltagsbetrieb - zunächst auf den Buslinien 100 und 200.

"Wer befürchtet hatte, dass es dieses Wahrzeichen Berlins einmal nicht mehr geben wird, kann beruhigt sein", sagte BVG-Betriebsvorstand Thomas Necker. Zwar ist die Zahl der Doppeldecker dramatisch gesunken. Vor zwölf Jahren gab es 1 102 dieser Busse, inzwischen sind es nur noch 397. "Doch für lange Strecken mit großem Sitzplatzbedarf werden solche Busse auch künftig gebraucht", sagte von Arnim. Darum hat die BVG nach einer Ausschreibung bei dem deutschen Unternehmen Neoman für rund 40 Millionen Euro 101 "MAN Lion's City DD" bestellt. Für hundert weitere Busse gibt es eine Kaufoption. "Wir werden den Prototyp bis März nächsten Jahres überall in Berlin testen", kündigte Necker an. "Fällt das Ergebnis positiv aus, könnte die Serienlieferung Mitte 2005 beginnen. Wir rechnen damit, dass dann pro Woche vier oder fünf Doppeldecker geliefert werden."

In ihrer Fachsprache machen Experten keinen Unterschied, wie voluminös die Fahrzeuge sind - sie nennen jeden Bus "Auto". Allerdings ist das "Auto" mit dem Kennzeichen B-V 3099, das Anfang dieser Woche von Niederbayern nach Berlin überführt worden ist, so groß wie kein anderes im BVG-Bestand.

Es ist 13,70 Meter lang - 1,97 Meter länger als die zuletzt gelieferten Doppeldecker, die 1996 nach Berlin kamen. Wer im Oberdeck ganz hinten steht, muss schon gute Augen haben, wenn er die Haltestellenanzeige an der Stirnwand entziffern will. Außerdem ist der neue Bus mit 2,55 Meter um sieben Zentimeter breiter. Dadurch fasst er insgesamt 128 Fahrgäste - 33 mehr als seine Vorgänger.

Wie in vielen anderen BVG-Bussen bläst nun auch in diesem "Auto" den Fahrgästen bei warmem Wetter kühler Wind um den Kopf. Anders als all seine Vorgänger hat der neue Doppeldecker eine Klimaanlage. Auch eine Videoüberwachung gibt es. "Wir sind mit dem Bus zufrieden", sagt Artur Frenzel vom Fahrgastverband IGEB. "Schön hier drinnen", meint ein Fahrer. Er zeigt auf die unzerkratzten Scheiben und die graffitifreien Wände. "Mal sehen, wie lange es so schön bleibt."

Autor/Agentur: Peter Neumann
Quelle: Berliner Zeitung
Medium: Tageszeitung
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