Pressemitteilung vom 09. Februar 2011
Chancen für die Berliner S-Bahn durch BGH-Entscheidung
Fahrgastverband IGEB sieht Berlin und Brandenburg in der Pflicht, nun umgehend die Weichen für die Zukunft der Berliner S-Bahn für die Zeit nach 2017 zu stellen
S-Bahn-Leistungen müssen ausgeschrieben werden, entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH). Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert deshalb die Länder Berlin und Brandenburg auf, sofort alle Weichen zugunsten einer Ausschreibung des Verkehrs der Berliner S-Bahn zu stellen – oder eine Landeseisenbahngesellschaft zu gründen, die den S-Bahn-Verkehr übernimmt. Eine erneute Direktvergabe an die Deutsche Bahn oder an einen privaten Anbieter ist mit der BGH-Entscheidung jedenfalls ausgeschlossen. Rechtlich möglich ist weiterhin eine Übernahme der S-Bahn durch die BVG, aber das wird vom Berliner Fahrgastverband IGEB entschieden abgelehnt. Es darf im öffentlichen Nahverkehr Berlins keinen Monopolbetrieb geben.
Am 7. Januar 2010 hatte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer einen Zeitplan vorgestellt: "Die Vergabe der Leistungen wird etwa 1½ Jahre dauern, da den Unternehmen ausreichend Zeit gegeben werden muss, ein Angebot für derartig komplexe Leistungen zu kalkulieren. Zudem rechnen wir damit, dass die Fahrzeugindustrie etwa 5½ Jahre benötigt, um 190 Neufahrzeuge für die S-Bahn zu entwickeln, zu erproben und zu bauen. Wir müssen daher bis spätestens Januar 2011 entscheiden, ob und wie wir das mit Neufahrzeugen zu bedienende Teilnetz vergeben wollen."
Tatsächlich wurden seither auch alle Voraussetzungen für eine Ausschreibung zumindest eines Teilnetzes geschaffen, doch die für "spätestens Januar 2011" versprochene Entscheidung, ob es eine Ausschreibung gibt, ist noch immer nicht gefallen, und ein erneutes Vertagen ist bereits angekündigt. Aber mit der BGH-Entscheidung muss das Zögern und Zaudern des Senats nun ein Ende haben. Ein Aufschieben bis nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2011 darf es jetzt nicht mehr geben. Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert deshalb,
ENTWEDER
die Gründung einer Landeseisenbahngesellschaft der Länder Berlin und Brandenburg, die den S-Bahn-Betrieb nach 2017 übernimmt, wobei durchaus einzelne Serviceleistungen durch VBB oder BVG erbracht werden können
ODER
die Vergabe der S-Bahn-Leistungen im Wettbewerb unter folgenden Prämissen
- Die von Senat und VBB vorbereitete Ausschreibung des Teilnetzes muss umgehend in die Wege geleitet werden.
- Es muss umgehend ein Fahrplan für die Ausschreibung auch des übrigen S-Bahn-Netzes vorgelegt werden.
- Die Länder Berlin und Brandenburg müssen eine Bürgschaft für die Fahrzeugbeschaffung übernehmen, so dass auch private Bieter Chancen zur Finanzierung der erforderlichen neuen S-Bahn-Fahrzeuge haben. Und die Länder müssen durch eine Fahrzeugwiedereinsatzgarantie sicherstellen, dass im Falle eines Betreiberwechsels nach Ende der Vertragslaufzeit der Fahrzeugpark vom nachfolgenden Betreiber übernommen wird.
Aber die BGH-Entscheidung bietet die Chance, dass endlich schnell die Weichen für die Zukunft der Berliner S-Bahn nach dem Ende des 2017 auslaufenden Vertrages mit der Deutschen Bahn gestellt werden. Solange diese Zukunftsfrage nicht geklärt ist, wird die S-Bahn GmbH verständlicherweise nichts für die Entwicklung neuer Fahrzeuge tun.
Christfried Tschepe, Vorsitzender
Matthias Horth, stv. Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender