Pressemitteilung vom 30. Dezember 2015
VBB-Fahrpreisanhebung zum 1.1.2016 schröpft die Stammkunden
Die Verlockung des Geldes
Mit knapper Mehrheit haben die VBB-Unternehmen 2015 beschlossen, die Fahrpreise jedes Jahr zum 1. Januar anzuheben und nicht zum bewährten 1. August (Schuljahresbeginn) zurückzukehren. Damit beginnt nun jedes Jahr für die Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs mit einer schlechten Nachricht. Und in jeder Silvesternacht müssen die Gelegenheitsfahrgäste, die keine Umweltkarte haben, prüfen, ob für die Rückfahrt von der Feier noch derselbe Fahrpreis gilt wie auf der Hinfahrt.
Zum 1. Januar 2016 werden in Berlin allerdings fast ausschließlich die Preise für die Stammkunden angehoben, also für die Käufer oder Abonnenten einer Umweltkarte für einen Monat oder ein Jahr. Dabei erfolgt die Preisanhebung zum zweiten Mal auf der Grundlage eines Indexes, der dieses Mal 1,84 Prozent beträgt. Das hindert den VBB aber nicht daran, die Einzelfahrausweise in Berlin weitgehend unverändert zu belassen und die Stammkunden überdurchschnittlich zu belasten, zum Beispiel die Abonnenten Berlin AB mit jährlicher Abbuchung mit einer Erhöhung von 3 Prozent – also weit über dem Index.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich eine doppelte Fehlentwicklung zu Lasten der Abonnenten:
Zum einen ist die Schwelle, ab der sich eine Monatskarte lohnt, in Berlin schon heute extrem hoch und künftig noch etwas höher. So kann ein Fahrgast mit der 4-Fahrten-Karte Berlin AB im Jahr 2016 monatlich 36 Fahrten machen, bevor sich die Anschaffung der jetzt 81 Euro teuren Monatskarte rechnet. Zum Vergleich: In Potsdam lohnt sich der Kauf der Monatskarte AB für künftig 29,80 Euro schon ab 16 Fahrten im Monat.
Zum anderen werden die Monatskarten im Abo mit der Tariferhöhung 2016 stärker angehoben als die Monatskarten im Einzelverkauf. Ausgerechnet also die treuesten Kunden, deren Einnahmen für die Verkehrsunternehmen kalkulierbar sind und die ihr Geld im Voraus bezahlen, werden überdurchschnittlich geschröpft.
Damit wird deutlich, dass es bei den VBB-Tarifen schon längst nicht mehr um verkehrs- oder gar umweltpolitische Ziele geht, sondern allein um das Abschöpfen ergiebiger Kunden. Und das sind nun mal die Stammkunden im Abo.
Aber auch hier gilt das alte Sprichwort: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Wenn der VBB diese Tarifpolitik fortsetzt, wird es eines Tages einen Bruch geben. Dass man sich dieser Gefahr (ein wenig) bewusst ist, zeigt die Tatsache, dass die Monatskarte Berlin ABC dieses Mal nicht wieder um 1,50 Euro, sondern nur um 1,40 Euro erhöht wird, um mit 99,90 Euro unter der 100 zu bleiben.
Ärgerlich für die Fahrgäste ist auch, dass es wieder keine strukturellen Vereinfachungen im Tarif gibt. Warum z.B. darf man mit einem Kurzstreckenticket in Berlin nur bei S-Bahn und U-Bahn umsteigen, nicht aber (wie in Potsdam zulässig) bei Straßenbahn und Bus? Die Unfähigkeit des VBB und seiner Verkehrsunternehmen, Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten im VBB-Tarif zu beseitigen, scheint inzwischen chronisch zu sein. Jede Verbesserung bzw. Vereinfachung wird abgelehnt, wenn auch nur ein Unternehmen minimale Fahrgeldeinbußen fürchtet. Dabei sind gerade nach der extremen 50-Prozent-Anhebung der Strafe für Schwarzfahrer auf nun 60 Euro Vereinfachungen im VBB-Tarif dringend geboten.
Christfried Tschepe, Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender