Pressemitteilung vom 06. Februar 2024
Das unrühmliche Ende einer Busspur
Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert die Anordnung zur Beseitigung der Busspur in der Otto-Braun-Straße und fordert ein Umdenken, damit die Beschleunigung des Busverkehrs in Berlin doch noch gelingt
Busspuren sind wesentlich zur dringend erforderlichen Beschleunigung des Busverkehrs der BVG. Doch es kommen keine neuen hinzu. Schlimmer noch: Vorhandene Busspuren werden – Beispiel Otto-Braun-Straße in Mitte – beseitigt.
Da die rechtlichen Rahmenbedingungen die Möglichkeiten für neue Busspuren wahrscheinlich noch einige Jahre massiv einschränken und vorhandene Busspuren gefährden, müssen Berliner Senat und Bezirke umdenken: Statt Busspuren mit „Radverkehr frei“ müssen nun Radstreifen mit „Linienverkehr frei“ geschaffen werden.
Die Fakten:
2022 hat das Berliner Verwaltungsgericht den Klägern gegen eine Busspur in der Zehlendorfer Clayallee Recht gegeben. Die Zahl von in der Regel 20 Bussen pro Stunde und Richtung werde deutlich unterschritten und das Erfordernis dieser Busspur für den Busverkehr sei nicht erkennbar. Daraufhin hat die Senatsverkehrsverwaltung noch im selben Jahr die Planung und Umsetzung neuer Busspuren gestoppt und 2023 angeordnet, die Busspur in der Clayallee zu beseitigen.
Die von Bundesregierung und Bundestag beschlossene Änderung des Straßenverkehrsgesetzes scheiterte im November 2023 am Bundesrat, womit auch die Grundlage für eine Neuregelung der Straßenverkehrsordnung entfiel. Somit gelang es – neben anderen Reformvorhaben – nicht, die rechtlichen Voraussetzungen zur Anordnung von Busspuren zu erleichtern.
Der neue Fall:
Für die Busspur in der Otto-Braun-Straße (Fahrtrichtung Mollstraße) hat die Senatsverkehrsverwaltung 2023 die Beseitigung angeordnet. Die mit zwei Buslinien betroffene BVG wurde vor der Entscheidung nicht angehört. Ersetzt werden soll die Busspur im Frühjahr 2024 durch einen Radfahrstreifen.
Bewertung:
Das deutsche Straßenverkehrsrecht ist trotz zahlreicher Novellen noch immer schwerpunktmäßig auf die Interessen der Autofahrer ausgerichtet. Das Scheitern der Novelle 2023 an der Mehrheit der Bundesländer ist ein Armutszeugnis für die deutsche Verkehrspolitik, die doch angeblich die Belange von Fuß-, Rad-, Bus- und Bahnverkehr besser berücksichtigen und den Kommunen mehr lokalen Entscheidungsspielraum geben will.
Damit sind in den nächsten Jahren neue Busspuren in Berlin nur noch in wenigen gut begründeten Einzelfällen zu erwarten und viele vorhandene Busspuren gefährdet, ausgenommen sicherlich Busspuren mit jeweils 20 und mehr Bussen pro Stunde und Richtung wie auf dem Kurfürstendamm und Straßenabschnitten rund um das Rathaus Spandau.
Die Otto-Braun-Straße liegt deutlich darunter. Dennoch ist die Anordnung zur Beseitigung dieser Busspur ein Alarmzeichen:
- Der Senat verzichtet auf diese Busspur, ohne durch eine Klage dazu gezwungen worden zu sein.
- Die „Abordnung“ der Busspur erfolgte ohne Beteiligung der BVG. Diese wurde erst nach der Entscheidung informiert.
- Diese Busspur, die von den Radfahrern bisher genutzt werden kann und auch genutzt wird, nun zugunsten eines Radfahrstreifens zu beseitigen, schürt Spannungen im sogenannten Umweltverbund (Fuß- und Radverkehr sowie ÖPNV), hier zwischen Bus- und Radverkehr.
Wie weiter:
- Ein solches „Geheimverfahren“ der Senatsverkehrsverwaltung ohne Beteiligung insbesondere der BVG (wie bei der Otto-Braun-Straße) darf sich nicht wiederholen.
- Der Berliner Senat muss sich weiterhin für eine Novellierung des Straßenverkehrsrechtes zugunsten von Bussonderfahrstreifen, wie die Busspuren offiziell heißen, einsetzen.
- Da eine Novelle erst deutlich nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 realistisch ist, müssen in den nächsten Jahren die geltenden Rahmenbedingungen kreativ genutzt werden: Bisher wurden Busspuren für den Radverkehr freigegeben (zum Beispiel Kurfürstendamm), ab jetzt müssen Radfahrstreifen bei Behinderung des Busverkehrs für den Buslinienverkehr freigegen werden (wie zum Beispiel in Steglitz „Unter den Eichen“).
- Dem Berliner Fahrgastverband IGEB ist bewusst, dass eigene Fahrstreifen jeweils für Busse und Radfahrer (wie zum Beispiel auf einem Abschnitt der Mollstraße) angestrebt werden sollten, aber die derzeitige Rechtslage und oft auch die Platzverhältnisse stehen dem entgegen. Deshalb sind bei gemeinsamer Nutzung eines Fahrstreifens diese möglichst breit anzulegen und Busfahrer und Radfahrer zu gegenseitiger Rücksichtnahme aufgerufen.
- Für die dringend erforderliche Beschleunigung des Bus- und auch Straßenbahnverkehrs (attraktivere Fahrzeiten, Einsparung von Fahrzeugen und Personal) sind neben eigenen Fahrstreifen auch Ampel-Vorrangschaltungen an den Kreuzungen äußerst wichtig. Hierfür muss die Senatsverkehrsverwaltung nicht auf eine Änderung im Straßenverkehrsrecht warten. Die jüngste Ankündigung von neuen Vorrangschaltungen bei zehn Kreuzungen ist begrüßenswert, aber viel zu wenig. Es geht um Hunderte.
Christfried Tschepe, Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender
Matthias Gibtner, stv. Vorsitzender