Presseerklärung vom 12.Juli 2000
Nach dem U-Bahn-Kurzschluß ein politischer Kurzschluß?
Am 13. Juli 2000 will das Abgeordnetenhaus von Berlin auf Antrag von CDU und SPD eine Entschließung über die "Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs" annehmen. Der Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. begrüßt jede Anstrengung, dem ÖPNV endlich den notwendigen Stellenwert zu geben.
Neben vielen positiven Aspekten findet sich in der Entschließung aber auch folgender Satz: "Im Zusammenhang mit dem elektronischen Ticket ist im Schnellbahnnetz ein geschlossenes System mit Zugangssperren einzurichten."
Der Brandgeruch auf dem U-Bahnhof Deutsche Oper ist noch nicht verflogen, trotzdem will die Regierungskoalition die U-Bahnhöfe für 125 Mio. DM verbarrikadieren. Eine notwendige und wichtige Lehre aus dem Brand auf dem U-Bahnhof Deutsche Oper ist aber, daß Fluchtwege frei zugänglich und erkennbar sein müssen. Die Zugänge zu den Bahnhöfen sind die ersten Flucht- und Rettungswege. Auch beim Brand am 8. Juli 2000 erreichte die Feuerwehr zuerst den Bahnsteig über den normalen Zugang. Hätte die Feuerwehr erst Sperren zersägen sollen, damit sie mit ihren Rettungsgeräten problemlos auf den Bahnsteig gekommen wären?
Dem gegenüber hat die S-Bahn Berlin GmbH nicht die Absicht, ihre Bahnhöfe mit Zugangssperren auszurüsten. Danach stehen die Kosten in keinem Verhältnis zur Schwarzfahrer-Quote. Außerdem lassen die Bahnhöfe vielerorts einen nachträglichen Einbau nicht oder nur mit erheblichem Kostenaufwand zu. Auch denkmalpflegerische und sicherheitstechnische Belange stehen dem entgegen.
Die IGEB fordert die Berliner Abgeordneten dazu auf, BVG und Senatsverkehrsverwaltung mit der Erarbeitung eines vernünftigen und umfassenden Konzeptes zur Fahrgastbetreuung und zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV zu beauftragen. Zugangssperren sind dabei aber sehr kontraproduktiv. Sie stellen nicht nur für ältere Fahrgäste und für Fahrgäste mit Behinderungen, Kinderwagen, Gepäck oder Fahrräder eine zusätzliche Barriere zur ÖPNV-Nutzung dar, sondern verschlingen sowohl bei der Anschaffung wie auch im laufenden Unterhalt erhebliche Gelder, ohne daß Schwarzfahren - wie das Beispiel Paris zeigt - gesenkt werden können.
Matthias Horth, Stellv. Vorsitzender
Jens Wieseke, Abt. Stadtverkehr