
Pressemitteilung vom 31. März 2008
Zu wenige strukturelle Verbesserungen, zu große Preiserhöhungen für Stammkunden
Fahrgastverband IGEB kritisiert den neuen VBB-Tarif
Der ab 1. April 2008 geltende VBB-Tarif bringt einige Verbesserungen, vor allem für die Schüler im Verbundgebiet und für Berliner Gelegenheitsfahrgäste. Doch die 2006 versprochene grundlegende Tarifstrukturreform gibt es nicht. Im Gegenteil. Erneut werden die Zeitkarten überdurchschnittlich verteuert, so dass zum wiederholten Mal hauptsächlich die Stammkunden die Tariferhöhung finanzieren müssen.
Schüler
Positiv für die Schüler ist, dass auch 14-jährige im gesamten Verbundgebiet nun zum Ermäßigungstarif für Kinder fahren dürfen und dass alle Schüler für 15 Euro ein Zusatzticket zu ihrer Monatskarte erwerben können, welches sie zur Fahrt im ganzen VBB-Gebiet berechtigt. Berliner Schüler dürfen sich außerdem über unverändert preiswerte Monatskarten freuen.
Einzelfahrausweise, Sammelkarten
Positiv ist auch, dass die Einzelfahrausweise AB in Berlin und in den kreisfreien Städten Brandenburgs nicht teurer werden. In Berlin kann der Preis für die Einzelfahrt durch Kauf der wieder eingeführten Sammelkarte (vier Fahrten) sogar auf 2 Euro pro Fahrt gesenkt werden. In Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt/Oder gibt es aber eine drastische Verteuerung für diejenigen, die bisher das nun entfallende Kurzstreckenticket nutzen konnten. Dennoch überwiegen für die Gelegenheitsfahrgäste die guten Nachrichten.
Zeitkarten
Ganz anders sieht es bei den Stammkunden aus, deren Zeitkarten (erneut) überdurchschnittlich verteuert werden. Einige Beispiele:
Bereich | Tarif | Preis bis 31.3. | Preis ab 1.4. | Steigerung |
Berlin AB | Monatskarte | 70,00 Euro | 72,00 Euro | + 2,9 % |
Berlin AB | Jahreskarte | 650,00 Euro | 670,00 Euro | + 3,1 % |
Berlin AB | Azubi-Monatskarte | 50,50 Euro | 52,00 Euro | + 3,0 % |
Berlin ABC | Wochenkarte | 31,30 Euro | 32,30 Euro | + 3,2 % |
Berlin ABC | 10-Uhr-Monatskarte | 61,00 Euro | 63,00 Euro | + 3,3 % |
Berlin ABC | Jahreskarte | 805,00 Euro | 830,00 Euro | + 3,1 % |
Potsdam AB | Monatskarte | 34,00 Euro | 35,00 Euro | + 2,9 % |
Die Tabelle zeigt, dass die Stammkunden und somit die Mehrzahl der Fahrgäste von erheblichen Tarifanhebungen betroffen sind. Was hilft es diesen Fahrgästen, wenn sie zu hören bekommen, dass die durchschnittliche VBB-Tariferhöhung nur bei 1,97 % und damit sogar noch unter der Inflationsrate von 2,2 % im Jahr 2007 liege?
Tarifstruktur
Ärgerlich ist auch, dass 2008 erneut vor allem eine Tarif-Anhebung stattfindet, obwohl sich fast alle einig sind, dass es eine Überarbeitung der Tarif-Struktur geben muss. Das sah auch Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer so, als sie am 9. Oktober 2006 erklärte: "Die derzeitige Tarifstruktur wird in den nächsten Monaten von den Verkehrsbetrieben, den beiden Bundesländern und dem VBB überarbeitet." Und weiter: "Eine nachvollziehbare transparente Tarifstruktur, die bis zum Jahr 2010 angelegt sein sollte, muss durch Verlässlichkeit und Verbindlichkeit den Kunden gegenüber dauerhaft Fahrgastverluste verhindern."
Handlungsbedarf
Drei Beispiele, wo aus IGEB-Sicht struktureller Handlungsbedarf besteht:
- Die Tarife müssen einfacher und verständlicher werden. Wann wird endlich die freizügige Nutzbarkeit des Einzelfahrausweises innerhalb der 2-Stunden-Gültigkeit wieder eingeführt? Und wo bleibt die Umsteigemöglichkeit für Straßenbahn- und Busfahrgäste beim Berliner Kurzstreckenfahrschein? Beim Potsdamer Kurzstreckenfahrschein ist es zulässig.
- Es fehlen Angebote zur Bindung von Gelegenheitsfahrgästen wie z.B. Senioren. Warum ist die 10-Uhr-Karte in Berlin so überdurchschnittlich teuer? Warum kann sie nicht im Abo gekauft werden? Warum gilt sie erst ab 10 Uhr und nicht wie andernorts ab 9 Uhr?
- Es gibt keine Bindung der Stammkunden. Im Gegenteil, sie werden wieder überproportional zur Kasse gebeten. Damit wird die Fehlentwicklung im Preisverhältnis zwischen Einzelfahrausweis und Monatskarte erneut fortgesetzt. Während im Jahr 2003 der Kauf einer Monatskarte Berlin AB bereits ab 27 Fahrten im Monat lohnte, müssen es (unter Berücksichtigung der Sammelkarte) ab 1. April 2008 nun 37 Fahrten sein. In Potsdam liegt der Schwellenwert demgegenüber bei nur 21 Fahrten. Es besteht daher in Berlin die Gefahr, dass durch dieses Missverhältnis Fahrgäste von der Zeitkarte zum Bartarif abwandern, was mit Sicherheit nicht im Interesse der Verkehrsunternehmen liegt.
Christfried Tschepe, Vorsitzender
Matthias Horth, stv. Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender