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Pressemitteilung vom 18. Juli 2009

Schwarzer Montag droht

Fahrgastverband IGEB fürchtet, dass der S-Bahn-Notfahrplan zu falschen Erwartungen führt, und bittet alle Fahrgäste, wenn irgend möglich, die S-Bahn zu meiden

Der Berliner Fahrgastverband IGEB erwartet für den kommenden Montag (20. Juli) große Probleme im gesamten Berliner Nahverkehr. Damit aus einem "schwarzen Montag" nicht schwarze Wochen werden, muss bei den Notfahrplänen schnellstmöglich nachgebessert und die Fahrgastinformation ergänzt werden.

Der S-Bahn Berlin GmbH stehen ab Montag nur noch 330 ihrer 1260 Wagen (630 Viertelzüge) zur Verfügung, also nur noch ein Viertel (!) des Fahrzeugparks. In so einer Notlage gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Auf vielen Linien fahren mit geringer Leistungsfähigkeit (große Taktabstände, kurze Züge). Für dieses Konzept hat sich die S-Bahn GmbH ab Montag entschieden.
  2. Auf weniger Linien relativ leistungsfähig fahren, vor allem mit langen Zügen. Dieses Konzept hatte der Berliner Fahrgastverband IGEB am 16.7. vorgestellt und vorgeschlagen.

Der Fahrgastverband IGEB fürchtet, dass das S-Bahn-Konzept sich als in großen Teilen nicht praxistauglich erweist. Den Fahrgästen wird suggeriert "meine Linie fährt", aber die kurzen Züge im 20-Minuten-Takt werden zumindest im Berufsverkehr einen erheblichen Teil der Fahrgäste nicht mitnehmen können. Zugleich wird der Fahrplan durch den Andrang zusammenbrechen, weil die fahrplanmäßigen Fahrzeiten nicht eingehalten werden können. Besonders schnell droht das im Nord-Süd-Tunnel  über Friedrichstraße (S 1 und S 2).

Deshalb ist es äußerst wichtig, alle Fahrgäste zu bitten: Wenn Sie Ausweichmöglichkeiten haben, dann meiden Sie ab Montag die S-Bahn. Auch bei einer Umwegfahrt werden Sie am Ende schneller am Ziel sein, weil viele S-Bahn-Züge überfüllt und verspätet sein werden.

Eine weitere Bitte geht an alle Fahrradfahrer: Verzichten Sie ab Montag vorübergehend auf die Fahrradmitnahme, nicht nur in der S-Bahn, sondern auch in den Regionalzügen sowie bei U-Bahn und Straßenbahn.

Dramatisch könnte die Situation für Menschen im Rollstuhl werden. Deshalb muss es für Sie ein Ausweichangebot mit Rufbus und Taxi auf Kosten der S-Bahn GmbH geben.

Spezialproblem Stadtbahn

Das Angebot von sieben Regionalzügen auf der Stadtbahn als S-Bahn-Ersatz zwischen Zoo und Ostbahnhof wird nicht reichen und zum Zusammenbruch des Regionalverkehrs führen mit Auswirkungen in das gesamte Land Brandenburg und auf den Fernverkehr. Deshalb muss die Kapazität dieses Ersatzverkehrs dringend durch folgende Maßnahmen ausgebaut werden:

  1. Die stündlich zwei zwischen Potsdam und Berlin Ostbahnhof verkehrenden Ergänzungszüge müssen von bisher vier auf sieben Wagen verlängert werden. Noch besser wäre ein Ersatz der Doppelstockzüge durch S-Bahn-Züge (z.B. aus München oder Stuttgart, wie sie ab Montag als S 21 im Fernbahntunnel fahren). Denn diese sind durch mehr Türen für den Massenverkehr besser geeignet. Bei den anderen Regionalzügen sind längere Züge wegen der außerhalb Berlins zu kurzen Bahnsteige leider nicht möglich.
  2. Das Angebot der Ergänzungszüge zwischen Potsdam und Ostbahnhof muss täglich während der gesamten Betriebszeit gefahren werden, also auch abends und am Wochenende.
  3. Zusätzlich zu den Regionalzügen müssen weitere S-Bahn-Züge aus anderen Städten auf der Stadtbahn eingesetzt werden. Dafür muss dann allerdings der Fernverkehr mit Ausnahme des internationalen Verkehrs zumindest teilweise von der Stadtbahn in den Tiergartentunnel geführt werden. Die Züge erreichen trotzdem den Hauptbahnhof, enden aber Südkreuz statt Ostbahnhof. Das ist für die Fernverkehrsreisenden natürlich eine Belastung und erfordert umfangreiche Information, ermöglicht wahrscheinlich aber einen stabileren Fernverkehr als auf der Stadtbahn.
  4. Maximale Fahrgastinformation ist erforderlich. Ein Beispiel: In den letzten Tagen wurden die Fahrgäste in Potsdam und am Ostbahnhof völlig unzureichend informiert, dass es Ergänzungszüge zum RE 1 gibt und auf welchem Gleis diese abfahren.
  5. Sollte der Verkehr auf der Stadtbahn so chaotisch verlaufen, wie von uns befürchtet, ist zu prüfen, ob die am Ostbahnhof endenden S-Bahn-Züge nicht wenigstens bis Alexanderplatz verlängert werden können, weil dort ein leistungsfähiges U-Bahn- und Straßenbahnangebot zur Verfügung steht. Die dafür erforderlichen Züge müssen ggf. auf anderen Linien abgezogen werden, z.B. zwischen Olympiastadion und Zoo, wo ein zumutbares paralleles U-Bahn- und Busangebot der BVG zur Verfügung steht.

Christfried Tschepe, Vorsitzender
Jens Wieseke, Stv. Vorsitzender

© Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.